Der Bundesgerichtshof hat am 26.06.2023 die Urteile im Dieselskandal verkündet. Autokäufer können nunmehr auch Schadensersatz fordern, wenn die Hersteller Pflichten bloß fahrlässig verletzt haben. Eine Schädigungsabsicht ist nicht mehr erforderlich! Der Bundesgerichtshof folgt damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Autobesitzer können Schadensersatz in Höhe von 5 bis 15 % des Kaufpreises geltend machen. Besonderes Augenmerk richteten Verbraucherschützer auf das Verfahren Im Verfahren mit dem Aktenzeichen VIa ZR 533/21 hatte der Kläger im Mai 2018 von einem Vertragshändler der Audi AG einen Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI, der mit einem Motor der Baureihe EA 896Gen2BiT ausgerüstet ist, gekauft. Allerdings profitieren auch Besitzer anderer Audi-Dieselfahrzeuge von dem Urteil.
> Welche Autos sind betroffen?
Profitieren von dem Urteil können potentiell alle Besitzer von Fahrzeugen mit Dieselmotoren bis einschließlich Euro 6c zustehen, soweit die Ansprüche nicht inzwischen verjährt (siehe hierzu sogleich) oder eine Klage rechtskräftig abgewiesen wurde. Erst nach Euro 6d zugelassene Dieselmotoren sind Messungen der Deutschen Umwelthilfe zu Folge so sauber, wie es die EU-Regeln vorschreiben. Die zuvor zugelassenen Autos stießen bei Fahrten im Straßenverkehr aber viel mehr Stickoxid aus als im Prüfstand und als es nach den EU-Regeln zulässig war. Daher hat auch das Verwaltungsgericht Schleswig die Zulassung des VW Motors EA 189 jüngst für rechtswidrig erachtet.
> Wie lang können Sie Schadensersatzansprüche geltend machen?
Zu beachten ist, dass die Rechte der Autokäufer Verjährungsfristen unterliegen.
> Wie hoch ist Ihr Schadensersatzanspruch?
Einem Autokäufer steht nunmehr ein pauschaler Schadensersatzanspruch zu, der vom Gericht geschätzt wird. Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass dieser zwischen 5 % und 15 % des Kaufpreises betragen muss. Den kleinen Schadenersatz erhalten Sie grundsätzlich unabhängig vom Kilometerstand des Wagens in voller Höhe. Einschränkung: Hat der Wagen bereits mehr Kilometer geschafft, als ursprünglich insgesamt zu erwarten waren, dann sinkt der Schadenersatz (BGH v. 24.01.2022, Az.: VIa ZR 100/21). Allerdings könnte es sein, dass dem Europäischen Gerichtshof die letztgenannte Entscheidung des BGH "zu weit" geht.
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Das Landgericht Deggendorf (9a. Zivilkammer), Urteil vom 28.08.2023 – 9a O 273/22 hat klargestellt, dass ein Rechtsschutzversicherer Deckung für ein Klageverfahren gegen VW im Dieselskandal erteilen muss. Das Urteil betraf den Motor EA 288.
Das OLG München hat mit Beschluss vom vom 25.07.2023 (Aktenzeichen: 34 U 1617/23 e) offengelassen, ob der VW-Dieselmotor EA 288 über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt. Vielmehr möchte es die Berufung gegen ein klageabweisende Urteil zurückweisen, weil sich VW angeblich in einem "vorsatzausschließenden Rechtsirrtum" befunden habe. Der Kläger hatte am 07.12.2019 einen VW Sharan 2,0 l TDI, Abgasnorm Euro 6, mit einer Leistung von 135 kW zu einem Kaufpreis von 28.800,- € brutto gekauft. Das Fahrezeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe EA288 ausgestattet. Das Fahrzeug ist von keiner Maßnahme des KBA betroffen und unterliegt auch keinem Rückruf.
Mit Urteil vom 20.07.2023 (Az.: III ZR 267/20) hat der BGH heute über einen Mercedes-Benz V 250 Edition lang zu entscheiden gehabt, der mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgerüstet ist. Die EG-Typgenehmigung wurde für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Das Fahrzeug hatte die Klägerin im Oktober 2016 gekauft. Die Klägerin macht geltend, der Motor in ihrem Fahrzeug sei mit zwei unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen, nämlich einem die Abgasrückführung steuernden Thermofenster sowie einer Abschalteinrichtung, die sich aus der Wirkungsweise des SCR-Katalysators ergebe. Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wesentlichen, sie so zu stellen, als habe sie den das Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der III. Zivilsenat hat heute im Anschluss an die Entscheidungen des VIa. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21, VIa ZR 1031/22) auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil mit Ausnahme eines auf die Zurückweisung von Zinsansprüchen entfallenden Teils aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Als eines der ersten Gerichte nach den viel beachteten BGH-Urteilen vom 26.06.2023 hat sich das Landgericht Frankenthal positioniert und einem Käufer, der am 06.07.2016 ein BMW Cabrio 120d (ausgestattet mit dem Motor N 47, Euro 5) gekauft hatte, pauschalen Schadensersatz in Höhe von 10 % des Kaufpreises zugesprochen (Urteil vom 05.07.2023 – 6 O 335/22). Das Gericht hat festgestellt, dass BMW eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung ausgestellt hat, da in dem Fahrzeug tatsächlich ein sog. Thermofenster eingebaut war.
Der Bundesgerichtshof hat heute im Verfahren VIa ZR 1119/21 entschieden, dass ein Motorhersteller, der nicht zugleich Fahrzeughersteller ist, Käufern der vom sogenannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugen nur dann haftet, wenn er entweder selbst im Sinne der §§ 826, 31 BGB sittenwidrig vorsätzlich gehandelt hat oder wenn er dem Fahrzeughersteller nach § 823 Abs. 2, § 830 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV vorsätzlich Beihilfe zu dessen vorsätzlichem Inverkehrbringen eines Kraftfahrzeugs mit einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung geleistet hat.