Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 21.03.2023 (Aktenzeichen: C-100/21) ein neues Kapitel im Abgasskandal-Komplex geschrieben und einem Verbraucher im Streit mit Mercedes-Benz Recht gegeben. Danach muss der Autobauer einem Kunden grundsätzlich Schadensersatz zahlen, weil in dessen Diesel-Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung verbaut worden war. Der EuGH hat letztlich entschieden, dass der Käufer bereits im Falle einer einfachen Fahrlässigkeit des Herstellers Anspruch auf Schadensersatz hat (und nicht erst bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung), wenn ihm durch die Abschalteinrichtung ein Nachteil entstanden ist. Das Landgericht Ravensburg, an das der Rechtsstreit nun zurückverwiesen wurde, muss nun den Schaden für den Kunden zu beziffern.
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> Welche Fahrzeugbesitzer können von dem EuGH-Urteil profitieren?
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte von der Auto K. GmbH in W. am 20.03.2014 einen gebrauchten Mercedes Benz Typ C 220 CDI zum Preis von 29.999,- € bei einem Kilometerstand 28.591 km gekauft. Das von der Beklagten in Verkehr gebrachte am 15.03.2013 erstmals zugelassene Fahrzeug hat einen Dieselmotor der Schadstoffklasse Euro 5 mit der Motorbezeichnung OM 651. Das Fahrzeug war mit einer Software ausgerüstet, mit der die Abgasrückführung verringert wird, wenn die Außentemperaturen unter einem bestimmten Schwellenwert liegen (sogenanntes Thermofenster).
Profitieren von dem Urteil können jedoch potentiell alle Besitzer von Mercedes Benz Fahrzeugen mit Dieselmotoren bis einschließlich Euro 6c! Erst nach Euro 6d zugelassene Dieselmotoren sind Messungen der Deutschen Umwelthilfe zu Folge so sauber, wie es die EU-Regeln vorschreiben. Die zuvor zugelassenen Autos stießen bei Fahrten im Straßenverkehr aber viel mehr Stickoxid aus als im Prüfstand und als es nach den EU-Regeln zulässig war. Daher hat auch das Verwaltungsgericht Schleswig die Zulassung des VW Motors EA 189 jüngst für rechtswidrig erachtet.
> Wie lang können Sie Schadensersatzansprüche geltend machen?
Zu beachten ist, dass die Rechte der Autokäufer Verjährungsfristen unterliegen.
> Wie hoch ist der mögliche Schadensersatzanspruch?
Einem Autokäufer steht grundsätzlich die Wahl frei, den sog. "kleinen" oder den "großen Schadenersatzanspruch" geltend zu machen:
Der kleine Schadenersatz beläuft sich auf den Minderwert des gelieferten Autos im Vergleich zu einem Wagen, wie er hätte sein sollen. Dies bedeutet, dass Sie das Fahrzeug nicht zurückgeben müssen, sondern behalten können! In Übereinstimmung mit zahlreichen Urteilen gehen wir davon aus, dass Sie als Schadensersatz 20 % des Kaufpreises sowie 20 % der Finanzierungskosten geltend machen können (etwa Urteil des OLG Düsseldorf vom 12.12.2019, Aktenzeichen: I-13 U 84/19). Den kleinen Schadenersatz erhalten Sie grundsätzlich unabhängig vom Kilometerstand des Wagens in voller Höhe. Einschränkung: Hat der Wagen bereits mehr Kilometer geschafft, als ursprünglich insgesamt zu erwarten waren, dann sinkt der Schadenersatz (BGH v. 24.01.2022, Az.: VIa ZR 100/21). Allerdings könnte es sein, dass dem Europäischen Gerichtshof die letztgenannte Entscheidung des BGH "zu weit" geht.
Der große Schadenersatz bedeutet faktisch eine Rückabwicklung des Kaufvertrages. Das heißt, der Kunde erhält den Kaufpreis zurück, muss dafür das Auto zurückgeben und eine "Entschädigung" für die mit dem Wagen gefahrenen Kilometer zahlen. Hinzu kommen mögliche Zinsansprüche.
Die Kanzlei Stenz & Rogoz gibt Ihnen innerhalb von nur 48 Stunden eine kostenfreie Einschätzung, ob und in welcher Höhe Sie Schadensersatzansprüche geltend machen können. Wir informieren Sie transparent über den Gang des Verfahrens, die damit verbundenen Kosten sowie mögliche Risiken. Am einfachsten ist es, wenn Sie den nachstehenden Fragebogen ausfüllen:
Der Bundesgerichtshof hat heute viele Stunden das Thema Dieselskandal mit den Anwälten verhandelt. Es ging um Motoren der Hersteller Audi, Mercedes Benz und VW. Im Verfahren mit dem Aktenzeichen VIa ZR 533/21 hatte der Kläger im Mai 2018 von einem Vertragshändler der Audi AG einen Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI, der mit einem Motor der Baureihe EA 896Gen2BiT ausgerüstet ist, gekauft. In dem Verfahren mit dem Aktenzeichen VIa ZR 1031/22 hatte der Kläger im Oktober 2017 von der Mercedes-Benz Group AG einen Mercedes-Benz C 220 d, der mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgerüstet ist gekauft. Ferner ging es in einem weiteren Verfahren um einen VW, der den Motor EA288 verbaut hatte.
Der Bundesgerichtshof hat angekündigt, am 8. Mai 2023 die Folgerungen aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. März 2023 (C-100/21) in "Dieselverfahren" zu erörtern. Im Verfahren mit dem Aktenzeichen VIa ZR 533/21 hatte der Kläger im Mai 2018 von einem Vertragshändler der Audi AG einen Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI, der mit einem Motor der Baureihe EA 896Gen2BiT ausgerüstet ist, gekauft. In dem Verfahren mit dem Aktenzeichen VIa ZR 1031/22 hatte der Kläger im Oktober 2017 von der Mercedes-Benz Group AG einen Mercedes-Benz C 220 d, der mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgerüstet ist gekauft.
Mit Urteil vom 24. April 2023 (Aktenzeichen: VIa ZR 1517/22) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch Darlehensnehmer der Mercedes-Benz-Bank wegen des Diesel-Skandals klagen können. Laut Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs ist die in den AGBs enthaltene Klausel über die Sicherungsabtretung von Ansprüchen des Käufers unwirksam.
Das Landgericht Ravensburg hat mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 30.12.2022 (Aktenzeichen: 2 O 200/22) die Opel AG dazu verurteilt, einen im Jahr 2016 gebraucht gekauften Opel Insignia 2.0 mit Dieselmotor wegen sittenwidriger Schädigung zurückzunehmen. Zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens funktionierte das Emissionskontrollsystem in der Weise, dass die Abgasreinigung durch den Kläger unterhalb einer Temperaturschwelle von 16 °C (sog. Thermofenster), oberhalb einer Geschwindigkeit von 140 km/h, oberhalb einer Drehzahl von 2.900 U/min und unterhalb eines Umgebungsluftdrucks von 91,5 kPa reduziert wurde.
(zuletzt aktualisiert am 06.04.2023)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 21.03.2023 (Aktenzeichen: C-100/21) hat ein neues Kapitel im Abgasskandal-Komplex geschrieben und nun einem Verbraucher im Streit mit Mercedes-Benz Recht gegeben . Danach muss der Autobauer einem Kunden grundsätzlich Schadensersatz zahlen, weil in dessen Diesel-Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung (sog. "Thermofenster") verbaut worden war. Der EuGH hat letztlich entschieden, dass der Käufer bereits im Falle einer einfachen Fahrlässigkeit des Herstellers Anspruch auf Schadensersatz hat (und nicht erst bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung), wenn ihm durch die Abschalteinrichtung ein Nachteil entstanden ist.