Erbrecht


Erbrechtliche Angelegenheiten können sehr komplex sein und für Laien oft schwer zu durchschauen. Ein Rechtsanwalt für Erbrecht kann dabei helfen, eine reibungslose Abwicklung des Erbfalls sicherzustellen, Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden und eine schnelle und gerechte Abwicklung des Erbfalls zu erzielen. Wir unterstützen auch Pflichtteilsberechtigte dabei, Ihre finanziellen Ansprüche gegen die Erben durchzusetzen.


Inhaltsübersicht:

> Erbquoten im deutschen Erbrecht

> Erbe oder Vermächtnisnehmer

> Vorerbe , Nacherbe und Schlusserbe

> Vorausvermächtnis oder Teilungsanordnung?

> Enterbung und Ausschlagung der Erbschaft

> Ansprüche des Pflichtteilsberechtigt

> Höhe des Pflichtteils

> Pflichtteilsergänzungsanspruch

> Auskunftsansprüche

 

> Ansprüche des Vermächtnisnehmers


Die Erbquoten im deutschen Erbrecht

Ihre Erbquote richtet sich - soweit keine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) vorliegt - nach der gesetzlichen Erbfolge. Diese hängt wiederum vom Verwandtschaftsgrad ab. Grundsätzlich gilt dabei, dass die nächsten Verwandten des Verstorbenen das Erbe zu gleichen Teilen erben. 

 

Der Grundsatz lautet: Ein Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist (§ 1931 BGB):

 

> Erben erster Ordnung:

Wenn der Verstorbene Kinder hat, erben diese zu gleichen Teilen.

Wenn ein Kind bereits verstorben ist, treten dessen Kinder an dessen Stelle (Enkelkinder des Verstorbenen).

Wenn der Verstorbene keine eigenen Kinder hat, erben dessen Enkelkinder.

 

> Erben zweiter Ordnung:

Wenn der Verstorbene keine eigenen Kinder oder Enkelkinder hat, erben dessen Eltern zu gleichen Teilen.

Wenn ein Elternteil bereits verstorben ist, erbt der überlebende Elternteil allein.

Wenn auch die Eltern des Verstorbenen nicht mehr leben, erben dessen Geschwister zu gleichen Teilen.

 

> Erben dritter Ordnung:

Wenn weder Kinder noch Eltern noch Geschwister des Verstorbenen leben, erben dessen Großeltern zu gleichen Teilen.

Wenn auch die Großeltern nicht mehr leben, erben deren Abkömmlinge, also Onkel und Tanten des Verstorbenen.

Wenn es keine gesetzlichen Erben gibt, fällt das Erbe an den Staat (sogenannte "Erbfolge des Staates").

 

> Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten:

Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist gemäß § 1931 BGB neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben. Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.


Bin ich Erbe oder Vermächtnisnehmer?

Ein Erbe ist eine Person, die aufgrund eines Testaments oder gesetzlicher Erbfolge das Vermögen des Erblassers nach dessen Tod erhält. Der Erbe erlangt damit alle Rechte und Pflichten, die mit dem Nachlass verbunden sind, wie beispielsweise Eigentum an den Nachlassgegenständen, Verwaltung des Nachlasses und Verwirklichung von Ansprüchen des Erblassers.

 

Ein Vermächtnisnehmer hingegen ist eine Person, die in einem Testament oder einem Erbvertrag vom Erblasser bedacht wurde, ohne dass sie zum Erben des Nachlasses berufen ist. Der Vermächtnisnehmer erhält lediglich einen bestimmten Nachlassgegenstand oder einen bestimmten Geldbetrag aus dem Nachlass. Im Gegensatz zum Erben hat der Vermächtnisnehmer keine Verwaltungsbefugnis über den Nachlass und übernimmt keine Pflichten aus dem Nachlass.

Ein Vermächtnis kann also als eine Art Schenkung aus dem Nachlass des Erblassers verstanden werden. Der Vermächtnisnehmer hat jedoch kein gesetzliches Erbrecht und ist somit nicht am restlichen Nachlass beteiligt. Vermächtnisnehmer können Sie nur durch Testament oder Erbvertrag werden. Eine Art "gesetzliches Vermächtnis" gibt es nicht. 

 

Meistens ergibt sich au dem Testament klar und deutlich, ob Sie Erbe oder Vermächtnisnehmer geworden sind. Es gibt aber auch Fälle, in denen der Erblasser andere Begrifflichkeiten benutzt hat oder selbst den Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer nicht genau kannte. Hier muss das Testament dann ausgelegt werden. Diese Auslegung nimmt das Amtsgericht etwa vor, wenn jemand einen Erbschein beantragt. 

 

Der dem Erbscheinsantrag stattgebende Feststellungsbeschluss (§ 352e Abs. 1 S. 1, 2 FamFG) kann übrigens mit einer Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung angefochten werden, bis dieser durch die körperliche Erteilung des Erbscheins vollzogen ist und dadurch die Publizitätswirkungen der §§ 2365–2367 eingetreten sind (§ 352e Abs. 3 FamFG). Die notwendige materielle Beschwer besitzt jeder, dessen Recht durch den angeordneten Erbschein beeinträchtigt wird, also jeder Erbprätendent, einschließlich eines Ersatzerben bei einer umstrittenen Ausschlagung

 

In Ausnahmefällen ist es auch möglich, dass ein Vermächtnisnehmer gleichzeitig Erbe ist, sofern dies im Testament oder Erbvertrag ausdrücklich so geregelt ist.


Was bedeutet die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft?

Im deutschen Erbrecht können verschiedene Formen von Erben und Erbfolgen vorkommen, die unter anderem die Figur des Vorerben, Nacherben und Schlusserben beinhalten. Der Unterschied zwischen diesen Begriffen lässt sich wie folgt erklären:

  • Vorerbe: Ein Vorerbe ist eine Person, die das Erbe zunächst antreten darf und es bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, dem sogenannten Eintritt des Nacherbfalls, verwaltet und nutzt. Der Vorerbe kann also das Erbe bis zu diesem Zeitpunkt uneingeschränkt nutzen, jedoch nicht veräußern oder verschenken. Nach Eintritt des Nacherbfalls geht das Erbe dann auf den Nacherben über.
  • Nacherbe: Ein Nacherbe ist eine Person, die das Erbe erst nach dem Eintritt des Nacherbfalls antreten darf. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Nacherbe lediglich einen Erwerbsanspruch, jedoch keine Verfügungsgewalt über das Erbe. Der Nacherbe erhält das Erbe dann in der Regel in der gleichen Weise wie der Vorerbe.
  • Schlusserbe: Ein Schlusserbe ist eine Person, die das Erbe nach dem Ableben des letzten Erben antreten darf. Der Schlusserbe wird also erst dann tätig, wenn alle vorherigen Erben verstorben oder ihr Erbrecht aufgegeben haben. Der Schlusserbe wird somit als letzter in der Erbfolge berücksichtigt. Die Schlusserbeneinsetzung wird genutzt, um sicherzustellen, dass das Erbe in der Familie bleibt oder um zu verhindern, dass der Nachlass aufgeteilt wird

Wie hoch ist mein Pflichtteil?

Kinder haben einen Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, wenn der Verstorbene andere Kinder hinterlässt. Hat der Verstorbene keine Kinder, haben die Eltern einen Pflichtteilsanspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Ehegatte hat einen Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil, wenn der Verstorbene keine Kinder hinterlässt.


Pflichtteilsergänzungsanspruch

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist ein weiteres gesetzliches Erbrecht in Deutschland, das in Verbindung mit dem Pflichtteilsanspruch steht. Es handelt sich hierbei um einen Anspruch auf einen zusätzlichen Betrag, der dem Pflichtteilsberechtigten zusteht, wenn der Nachlass des Verstorbenen nicht ausreicht, um den Pflichtteilsanspruch vollständig zu erfüllen.

 

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch kommt dann zum Tragen, wenn der Pflichtteilsberechtigte beispielsweise durch Vermächtnisse oder Schenkungen, die der Erblasser vor dem Tod gemacht hat, in seinem Pflichtteilsanspruch beeinträchtigt wird. In diesem Fall hat der Pflichtteilsberechtigte Anspruch auf die Ergänzung des Pflichtteils, damit er trotzdem die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erhält (bei Kindern) oder den gesetzlichen Erbteil (bei Ehegatten).


Auskunftsansprüche eines Pflichtteilsberechtigten

Zur Durchsetzung der Pflichtteilsansprüche gewährt das Gesetz in § 2314 BGB einen Auskunftsanspruch über die Höhe und den Umfang des Nachlasses. Die Vorschrift lautet im Wortlaut:

 

§ 2314 Auskunftspflicht des Erben

(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.

 

Dieser Auskunftsanspruch richtet sich grundsätzlich gegen die Erben. Die Erben sind daher als Schuldner des Pflichtteilsanspruchs verpflichtet, ein Nachlassverzeichnis vorzulegen, welches den Bestand und den Umfang des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers aufweist.

 

Nach der Rechtsprechung des BGH sind auch solche Gegenstände anzugeben, die der Erbe für wertlos hält. Mitzuteilen sind weiter die jeweiligen Eigentumsverhältnisse. Die Nachlassgegenstände sind nach Anzahl, Art und nach den wertbildenden Faktoren zu bezeichnen. Darüber hinaus ist der Erbe verpflichtet, im Nachlassverzeichnis alle vom Erblasser zu Lebzeiten getätigten Schenkungen (einschließlich gemischter Schenkungen) anzugeben. Gleiches gilt für vorhandene Lebensversicherungen und sonstige Verträge zugunsten Dritter (Sparbücher etc.). Diese müssten ebenfalls im Nachlassverzeichnis mit aufgenommen werden.

 

Grundsätzlich besteht auch eine Auskunftsverpflichtung für Schenkungen, die länger als zehn

Jahre vor dem Erbfall zurückliegen, besteht. Dies gilt insbesondere bei Schenkungen unter Nießbrauchvorbehalt, bei Schenkungen unter Vorbehalt eines Wohnrechts , bei Schenkungen mit einer sogenannten Rückfall- oder Widerrufklausel, bei Schenkungen gegen Leibrente und bei der Zuwendung eines Oder-Kontos.

 

Die Auskunftsverpflichtung bezieht sich auch auf die sogenannten gemischten Schenkungen, das heißt also auf Zuwendungen, deren Wert möglicherweise durch Gegenleistungen des Beschenkten gemindert wird.

 

Weiterhin ist der Erbe gemäß § 2325 Abs. 3  2. HS BGB verpflichtet, sämtliche Schenkungen mitzuteilen, die der Erblasser an seinen Ehegatten während der Ehezeit getätigt hat, mögen diese auch Jahrzehnte zurückliegen.


Teilungsanordnung oder Vorausvermächtnis?

Wird ein Erbe neben der Erbschaft noch ein wesentlicher Nachlassgegenstand (z.B. das Wohnhaus des Erblassers) zugesprochen, besteht bei der Auseinandersetzung oft Streit, ob und in welchem Umfang dieser Gegenstand auf dessen Erbteil angerechnet werden muss. Besonders problematisch ist das, wenn der Wert des Nachlassgegenstandes höher ist als der Betrag, der ihm Rahmen der Nachlassteilung gemäß seiner Erbquote zukommen soll. Dann spricht man von einer sog. „überquotale Teilungsanordnung“. Umstritten ist, ob der begünstigte Miterbe verpflichtet ist, den Ausgleich zu zahlen, oder er ihn nur freiwillig zu leisten hat. Die herrschende Meinung vertritt die Ansicht: Wenn keine Verpflichtung besteht und der begünstigte Miterbe sich weigert, einen Ausgleich aus seinem Eigenvermögen zu zahlen, so sei die Teilungsanordnung unwirksam und damit bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft unbeachtlich.


Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis

Ein Klageantrag, mit dem Ansprüche auf Vorlage eines Nachlassverzeichnisses oder eines Wertgutachtens geltend gemachten werden, dürfte stets zulässig und begründet sein, selbst wenn dieser zu einem Zeitpunkt erhoben wird, in dem der Erbe trotz aller ihm zumutbaren Bemühungen zu den in § 2314 Abs. 1 BGB geschuldeten Leistungen noch überhaupt nicht in der Lage ist (vgl. Regenfuß in ZEV 2020, 8). So hat das OLG Düsseldorf für notarielle Nachlassverzeichnisse lediglich einen Anfertigungszeitraum von nicht mehr als 3 bis 4 Monaten als angemessen erachtet (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.02.2020 – Aktenzeichen: 7 W 92/19) 


Aktuelles

Testierfähig trotz Parkinson-Erkrankung

Mit Beschluss vom 09.05.2023 hat das Kammergericht (Aktenzeichen: 6 W 48/22) entschieden, dass der bereits seit 6 Jahren an Parkinson leidende Erblassers trotz ersichtlicher motorischer Störungen testierfähig war. Die Parkinson-Erkrankung ist dem Kammergericht zufolge kein einheitliches Krankheitsbild, sondern ein typischer Symptomkomplex aus vorwiegend motorischen Symptomen. Sie ist eine chronisch progressive neurodegenerative Erkrankung, die durch vorwiegend motorische Symptomatik charakterisiert ist. Solche wurde bei dem Erblasser beschrieben, nämlich Gangunsicherheit, Stürze, Rigor, Zittern, Verlangsamung der Denkabläufe, Sprechstörungen.

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BGH: Auskunftsanspruch nach Ausschlagung der Erbschaft

Mit Versäumnisurteil vom Versäumnisurteil vom 30.11.2022 (Aktenzeichen: IV ZR 60/22) hat der BGH klargestellt: Einem Pflichtteilsberechtigten steht auch nach Ausschlagung seines Erbteils gemäß § 2306 Abs. 1 BGB ein Auskunftsanspruch gemäß § 2314 Abs. 1 BGB zu. 

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Widerruf einer Schenkung bedarf keiner Begründung

Mit Urteil vom 11.10.2022 (Aktenzeichen: X ZR 42/20) hat der BGH klargestellt: Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung.

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