Corona-Soforthilfe: Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat mit Urteil vom 08.02.2024 die Klage eines bayerischen Unternehmers gegen die Rückforderung von Corona-Soforthilfe abgewiesen (Az.: 15 K 23.1634). Der Kläger hatte im Mai 2020 Corona-Soforthilfe in Höhe von 2 x 7.500,00 € erhalten. Da sich seine Geschäfte besser als erwartet entwickelt hatten, sollt er nun 14.815,95 € zurückzahlen.

 

 

Zur Begründung seines Urteils führt das Verwaltungsgericht aus, dass das dauerhafte Behaltendürfen der Soforthilfe voraussetze, dass sich ein tatsächlicher Liquiditätsengpass zeigen würde; andernfalls sei die Soforthilfe nicht benötigt gewesen.

 

Weiter führt das Verwaltungsgericht aus:

 

"Förderrichtlinien begründen nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung. Das Gericht ist so-mit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Nur dieser bestimmt i.R.d. ihm eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Zudem bestimmt nur er den Förderzweck, legt seine Richtlinien aus und richtet die Förderpraxis seinen Vorstellungen entsprechend aus. [...] Folglich hat er die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften"

 

Die Richter meinen sogar:

 

"[F]ür die Selbstbindung der Verwaltung [ist] grundsätzlich nicht einmal der Wortlaut der Richtlinie oder der FAQ maßgeblich. Allein entscheidend ist das Verständnis des Zuwendungsgebers bzw. dessen tatsächliche Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung."

 

Die Kanzlei Stenz & Rogoz führt vor vielen bayerischen Verwaltungsgerichten Klagen gegen die Rückforderung von Corona-Soforthilfe. Wir halten die Urteilsbegründung für falsch: 

 

Der Zweck der Soforthilfe war es gerade, Unternehmern unter die Arme zu greifen, die bei Antragstellung im Frühjahr 2020 prognostisch – und damit ex ante – befürchteten, einen Liquiditätsengpass zu erleiden. Entgegen der Ansicht des VG Ansbach (Az.: 15 K 23.1634) war dem Bescheid an keiner Stelle zu entnehmen, dass der Liquiditätsengpass im Nachhinein, also ex post, zu beurteilen wäre. Diese Ansicht wird im Übrigen von der Verwaltung in Hessen geteilt. Verwiesen wird auf ein Schreiben des hessischen Staatssekretärs Dr. Philipp Nimmermann an die Steuerberaterkammer Hessen, in dem es auszugsweise heißt:

 

„Ausschlagend für die Gewährung des Corona-Soforthilfe-Zuschusses war der Liquiditätsengpass und somit die betrieblichen Kosten (Sach-und Finanzaufwand) des Unternehmens im Zeitpunkt der Antragstellung. Auf das Vorliegen von Umsatzausfällen kommt es nicht an, und das Vorliegen von Umsatzsteigerungen ist ebenfalls nicht relevant. […] Bei ordnungsgemäßer Antragstellung, also damals realistischer Prognose des Liquiditätsengpasses plus Vorliegen der übrigen Antragsvoraussetzungen gilt die bewilligte und ausgezahlte Corona-Soforthilfe als zweckentsprechend verwendet. In diesem Fall besteht keine Rückzahlungsverpflichtung.“Würde die Entscheidung bestätigt, hätten Bürger und Unternehmer keine Planungssicherheit mehr. Wären Richtlinien und Verlautbarungen von Ministern und Ministerien jederzeit durch die "Verwaltungspraxis" korrigierbar, wäre der Rechtsstaat ernsthaft in Gefahr. 

 

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach kann die Zulassung der Berufung beantragt werden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung gibt es keine ernsthaften Zweifel daran, dass der Verwaltungsgerichtshof in München in das Berufungsverfahren juristisch einsteigen wird.


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Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 08.02.2024 (15 K 23.1634)
VG_Ansbach_AN_15_K_23_1634_anonymisiert.
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