Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat es mit Beschluss vom 12.04.2021 (Az.: 20 NE 21.926) abgelehnt, die Regelung zu Corona-Tests für Schülerinnen und Schüler (§ 18 Abs. 4 der 12. BayIfSMV) auf Antrag einer Grundschülerin vorläufig außer Vollzug zu setzen. Die Kanzlei Stenz & Rogoz stellt das Urteil im Volltext zur Verfügung.
Zur Begründung führt der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat aus, eine solche Testobliegenheit begegne aufgrund der Infektions- und Gefährdungslage "keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken". Mit dieser infektionsschutzrechtlichen Anordnung könne den besonderen schulischen Bedürfnissen von Schülerinnen und Schülern sowie der Lehrkräfte Rechnung getragen werden.
Allerdings stellt der BayVGH klar, dass die Testteilnahme im Hinblick auf den erforderlichen Schutz besonders sensibler Gesundheitsdaten und die Konzeption des Tests als bloße Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht ausschließlich freiwilliger Natur sei. Dies habe zur Folge, dass bei fehlendem Einverständnis in eine Testung sichergestellt sein müsse, dass Unterrichtsangebote im Distanzunterricht bestehen. Entfiele für den Fall des fehlenden Einverständnisses eine Beschulung insgesamt, sei nicht von der erforderlichen Freiwilligkeit der Einwilligung in die Erhebung gesundheitsbezogener Daten auszugehen, weil Schülerinnen und Schülern dann aus einer Weigerung Nachteile entstünden. Der Verordnungsbegründung lasse sich derzeit nicht entnehmen, dass der Freistaat Bayern eine Beschulung von Schülerinnen und Schülern ohne Test im Distanzunterricht ablehne. Im Übrigen müsse sichergestellt sein, dass in den Schulen nur solche Tests Verwendung fänden, die auch im Hinblick auf die jeweiligen Altersgruppen der Anwender freigegeben seien.
Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz:
Der Bay. Verordnungsgeber hat in seiner Begründung der Änderungsverordnung noch ausgeführt:
"Wenn es Distanzunterricht an der Schule für die jeweilige Jahrgangsstufe gibt, sind die Schülerinnen und Schüler, die keinen negativen Coronatest nachweisen können bzw. wollen, verpflichtet, am Distanzunterricht teilzunehmen. Andererseits sind die Schulen nicht verpflichtet, bestimmte Distanzangebote für diese Schülerinnen und Schüler einzurichten. Die Schülerinnen und Schüler können auch keinen Anspruch darauf erheben. Es gilt dann letztlich dasselbe, wie bei Schülerinnen und Schülern, die aufgrund einer individuellen Gefährdung vom Präsenzunterricht bzw. den Präsenzphasen des Wechselunterrichts beurlaubt sind."
Dem hat der Bay. Verwaltungsgerichtshof eine klare Absage erteilt:
"Der Senat versteht die Begründung der Verordnung nicht in der Weise, dass Schülerinnen und Schüler, die keinen negativen Test vorweisen, nur dort am Distanzunterricht teilnehmen können, wo dieser gegebenenfalls angeboten wird, sondern in der Weise, dass ähnlich dem Wechselunterricht, soweit erforderlich grundsätzlich Präsenz- und Distanzunterricht flächendeckend stattfindet. Nur so sind die Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung und damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) gewährleistet. Denn entfiele eine Beschulung insgesamt, könnte nicht mehr von einer freien Wahl der Schülerinnen und Schüler bzw. ihrer Erziehungsberechtigten ausgegangen werden. Es bestünde die Gefahr, dass die Einwilligung gerade nicht aufgrund eines freien Entschlusses erfolgt, sondern nur unter dem „Druck“, ansonsten vom Schulunterricht gänzlich ausgeschlossen zu werden und damit womöglich Bildungsnachteile zu erfahren."
Damit haben Schülerinnen und Schüler, die sich gegen die Testung entscheiden einen Anspruch auf ordentliche Beschulung im Fernunterricht!