Das OLG Bamberg hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung klargestellt, dass eine mangelnde präsente Kenntnis der Straßenverkehrsvorschriften dazu führen kann, dass die Wertung des Pflichtenverstoßes als "grob" im Sinne des § 25 des Straßenverkehrsgesetzes als nicht gerechtfertigt anzusehen ist. Dies hat dann zur Folge, dass die Anordnung eines an sich nach § 4 Absatz 1 Satz 1 der Bußgeldkatalogverordnung verwirkten Regelfahrverbots nicht (mehr) angezeigt ist.
Folgende Leitsätze hat das OLG Bamberg in seinem Beschluss vom 01.12. 2015 (Az.: 3 Ss OWi 834/15) aufgestellt:
1. Ist das verkehrsordnungswidrige Verhalten auf einen aufgrund mangelnder präsenter Kenntnis der Straßenverkehrsvorschriften beruhenden Wertungs- bzw. Interpretationsirrtum des Betroffenen über die rechtliche Bedeutung der von ihm optisch richtig und vollständig wahrgenommenen Beschilderung zurückzuführen, ist von einem regelmäßig vermeidbaren, den Tatvorsatz unberührt lassenden Verbotsirrtum i.S.d. § 11 II OWiG und nicht von einem Tatbestandsirrtum i.S.v. § 11 I 1 OWiG auszugehen (Anschluss u.a. an BayObLGSt 2003, 61 = NJW 2003, 193 = ZfS 2003, 430 = OLGSt OWiG § 11 Nr. 3 = DAR 2003, 426 = VRS 105 [2003], 309 = VerkMitt 2003 Nr. 75 und OLG Bamberg NJW 2007, 3081 = VD 2007, 294 = NZV 2007, 633 = OLGSt StVG § 25 Nr. 37).
2. Ein vermeidbarer Verbotsirrtum i.S.d. § 11 II OWiG kann dazu führen, dass die Wertung des Pflichtenverstoßes als ‚grob‘ i.S.v. § 25 I 1 [1. Alt.] StVG als nicht gerechtfertigt anzusehen ist mit der Folge, dass die Anordnung eines an sich nach § 4 I 1 BKatV verwirkten Regelfahrverbots nicht (mehr) angezeigt ist (u.a. Anschluss an BayObLG und OLG Bamberg a.a.O.). Scheidet ein Wegfall des Fahrverbots aus, kann die Abkürzung der an sich nach § 4 I 2 BKatV vorgesehen Fahrverbotsdauer oder eine Fahrverbotsbeschränkung (§ 25 I 1 a.E. StVG) in Betracht kommen. Insoweit ist ohne Belang, dass § 11 II OWiG im Unterschied zu § 17 S. 2 StGB keine ausdrückliche fakultative Milderung des Sanktionsrahmens vorsieht.
3. Rechtfertigt der vermeidbare Verbotsirrtum die Wertung, dass ungeachtet des Vorliegens eines Regelfalls nicht von einem groben Pflichtenverstoß auszugehen ist, scheidet auch eine Kompensation des in Wegfall geratenen Fahrverbots durch Anhebung der Regelgeldbuße nach § 4 IV BKatV aus (Anschluss u.a. an OLG Hamm DAR 1998, 322; OLG Hamm NZV 1999, 92 und OLG Karlsruhe NJW 2003, 3719).
4. Nicht jeder vermeidbare Verbotsirrtum führt ‚automatisch‘ dazu, von einem Regelfahrverbot Ausnahmen zuzulassen. Erforderlich ist stets eine umfassende einzelfallbezogene Abwägung und Gewichtung sämtlicher erkennbarer Umstände und eine hierauf aufbauende Gesamtschau. Denn ein vermeidbarer Verbotsirrtum kann, muss aber den Schuldvorwurf nicht unter allen Umständen mindern. Nur soweit er ihn im Einzelfall wirklich mindert, ist eine entsprechende Milderung geboten.
5. Die Anerkennung einer Privilegierungswirkung und ihr möglicher Umfang hängen im Falle des vermeidbaren Verbotsirrtums mit Blick auf ein bußgeldrechtliches Fahrverbot entscheidend vom Grad der Vermeidbarkeit für den Betroffenen ab. Die Anerkennung einer Privilegierung hinsichtlich eines an sich verwirkten Fahrverbots, seiner Dauer oder seines Umfangs bedarf daher auch in den Fällen des vermeidbaren Verbotsirrtums regelmäßig ergänzender, dem Tatrichter vorbehaltener Wertungen und demgemäß korrespondierender tatsächlicher Feststellungen, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung der Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen (Anschluss an OLG Karlsruhe NZV 2005, 380 und OLG Stuttgart BeckRS 2012, 09299).
6. Die in Abschnitt I des BKat vorgesehenen Regelahndungen gehen von fahrlässiger Begehung, gewöhnlichen Tatumständen und fehlenden Vorahndungen des Betroffenen aus (§§ 1 II, 3 I BKatV). Dass ein Betroffener bislang straßenverkehrsrechtlich unauffällig geblieben oder so zu behandeln ist, rechtfertigt ein Abweichen von der Regelahndung deshalb auch in Verbindung mit einer geständigen Einlassung oder einem etwaigen in der Hauptverhandlung hinterlassenen günstigen Eindruck und einer positiven Prognose hinsichtlich des zukünftigen Verkehrsverhaltens grundsätzlich nicht (Anschluss u.a. an BayObLGSt 1994, 156; OLG Hamm OLGSt BKatV § 4 Nr. 4 = NZV 2007, 100; OLG Hamm DAR 2006, 521; OLG Jena VRS 111, 52).
Zum Sachverhalt:
Das AG hat die bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getretene Betr. wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 66 km/h (§§ 41 I i.V.m. Anlage 2 [Zeichen 274], 49 III Nr. 4 StVO) zu einer Geldbuße von 600 Euro verurteilt. Von dem im Bußgeldbescheid neben einer (Regel-) Geldbuße von 440 Euro angeordneten 2-monatigen Fahrverbot nach Maßgabe des § 25 IIa 1 StVG hat es jedoch abgesehen. Nach den Feststellungen befuhr die ihre Fahrereigenschaft einräumende und die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung nicht anzweifelnde Betr. am 28.01.2015 um 9.58 Uhr mit einem Pkw die BAB A 9 in südlicher Richtung, wobei sie an der Messstelle ungeachtet der dort durch Zeichen 274 auf 60 km/h begrenzten zulässigen Höchstgeschwindigkeit „infolge Unaufmerksamkeit“ eine Geschwindigkeit von mindestens 126 km/h einhielt, obwohl es ihr „zumutbar und möglich gewesen wäre, die zulässige Höchstgeschwindigkeit einzuhalten“. Im Hinblick auf die zur Tatzeit bestehende konkrete Beschilderung des fraglichen Streckenabschnitts und die Einlassung der Betr. hat das AG u.a. noch folgende Feststellungen getroffen: „Auf der Fahrtstrecke […] war eine Wechselbeschilderung aufgestellt, mit der die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h begrenzt wurde. Der Grund hierfür bestand darin, dass auf Höhe der Messstelle eine Lkw-Kontrolle stattfand und weil wegen dieser […] die eingesetzten Beamten bei hohen Geschwindigkeiten der übrigen Verkehrsteilnehmer besonders gefährdet waren. […] Die Beschilderung war vor der Messstelle doppelseitig aufgestellt […]. Die jeweils vorhandenen Verkehrsschilder sind vertikal angeordnet. An der obersten Stelle befindet sich das Zeichen 274 mit der jeweiligen Limitierung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Darunter befindet sich das Verkehrszeichen ‚Überholverbot‘ (Zeichen 277), darunter in einem rechteckigen Rahmen die Bezeichnung ‚2,8 t‘ und darunter in einem rechteckigen Rahmen die Symbole für Omnibusse und PKW mit Anhänger. Die Zeichen 274 und 277 sind optisch durch einen waagrechten durchgehenden Strich voneinander getrennt. Die Autobahn verläuft an der genannten Stelle dreispurig übersichtlich gerade. Die Betr. [hat] diese Beschilderung unzutreffend interpretiert. Sie [hat] die Beschilderung dahingehend ausgelegt, als dass damit eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h nur für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 Tonnen gelten sollte“. Vor diesem Hintergrund hat das AG die „ausnahmsweise“ Nichtverhängung des Fahrverbots wie folgt begründet: „Es liegen zwar grundsätzlich die Voraussetzungen des § 4 I Nr. 1 BKatV vor, denn die Geschwindigkeitsüberschreitung […] hat mehr als 40 km/h betragen, so dass die Verhängung eines Fahrverbotes ‚in der Regel‘ in Betracht kommt. Daraus folgt aber nicht, dass ausnahmslos ein Fahrverbot zu verhängen wäre. Dem Gericht steht hier ein Ermessensspielraum zur Verfügung. Zwar bezieht sich ein […] unter mehreren Verkehrszeichen angebrachtes Zusatzzeichen nur auf das unmittelbar darüber befindliche Verkehrszeichen, wie aus § 39 III 3 StVO folgt […]. Für einen Kraftfahrer, der mit den Verkehrsregeln vertraut ist und der mit diesen auch vertraut sein muss, ist aus dieser Anordnung der Beschilderung zwar grundsätzlich erkennbar, dass sich das Überholverbot nur auf Fahrzeuge von mehr als 2,8 t zulässiges Gesamtgewicht, auf Omnibusse und auf PKW mit Anhänger bezieht. Die Anordnung der Geschwindigkeitslimitierung hingegen bezieht sich auf alle Fahrzeuge. Diese unterschiedliche Behandlung ergibt sich aus dem Umstand, dass zwischen Zeichen 274 und Zeichen 277 ein Querstrich vorhanden ist. Dieser dient erkennbar und logischerweise dem Zweck, zu demonstrieren, dass eine unterschiedliche Anordnung zwischen den beiden Zeichen bestehen soll. Wäre dies nicht der Fall, dann müsste sich logischerweise auch unter dem Zeichen 277 ein solcher Strich befinden. Sollte sich ein Kraftfahrer in dem Glauben befunden haben, die Geschwindigkeitsbeschränkung würde nicht für ihn, sondern nur für Fahrzeuge über 2,8 t zulässiges Gesamtgewicht, für PKWs mit Anhänger und für Omnibusse gelten, so hat er sich in einem Irrtum befunden, der jedoch vermeidbar war. Dennoch war zu berücksichtigen, dass ein solcher Fall eines Irrtums gegenüber dem Regelfall der Geschwindigkeitsüberschreitung […] einen geringeren Schuldgehalt beinhaltet. Denn hier erliegt der Verkehrsteilnehmer lediglich einem, wenn auch vermeidbaren Irrtum. Seine innere Grundhaltung beinhaltet aber gerade nicht das sorglose Bestreben, möglichst schnell vorwärts zu kommen. Ein Irrtum über die beschränkte Wirkung von Zusatzschildern […] kann deswegen dazu führen, dass trotz Vorliegens der Regelvoraussetzungen die Anordnung eines Fahrverbots entfällt; dies etwa dann, wenn eine deutliche Trennung des durch das Zusatzschild eingeschränkten Überholverbots von dem Zeichen 274 nicht vorgenommen ist […]. Im vorliegenden Fall war zwar eine Trennung vorhanden, diese war aber insgesamt nur wenig auffällig, so dass sie beim Vorbeifahren leicht zu übersehen war. Es liegt daher hier ein gegenüber dem Regelfall geringeres Verschulden vor, so dass nach Überzeugung des Gerichts die Einwirkung auf den Betr. durch ein Fahrverbot nicht mehr zwingend geboten war, auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Betr. verkehrsrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist.“ Mit ihrer unbeschränkten Rechtsbeschwerde rügt die StA die Verletzung sachlichen Rechts. Sie beanstandet in erster Linie, dass das AG von der Verhängung des Regelfahrverbots abgesehen hat. Das Rechtsmittel führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das AG.
Aus den Gründen:
I. Die gemäß § 79 I 1 Nr. 3 OWiG statthafte und im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet, weil das angefochtene Urteil schon im Schuldspruch deshalb keinen Bestand haben kann, weil die Feststellungen des AG zur inneren Tatseite die Verurteilung der Betr. lediglich wegen fahrlässiger Tatbestandsverwirklichung nicht rechtfertigen.
1. Wenn auch in Bußgeldsachen als Massenverfahren an die Abfassung der Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind, kann für sie als alleiniger Grundlage für die sachlich-rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils prinzipiell nichts anderes gelten wie für Urteile im Strafsachen. Die Urteilsgründe müssen deshalb auch in Bußgeldsachen wenigstens so beschaffen sein, dass ihnen das Rechtsbeschwerdegericht im Rahmen der Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung entnehmen kann, welche Feststellungen der Tatrichter zu den objektiven und subjektiven Tatbestandselementen getroffen hat und welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anordnung oder dem Absehen von Nebenfolgen zugrunde liegen (§ 267 I, III StPO i.V.m. § 71 OWiG). Eine hinreichende Prüfungs- bzw. Entscheidungsgrundlage fehlt nach st.Rspr. vor allem dann, wenn die Feststellungen zur Tat, insbesondere zur ‚inneren Tatseite‘ unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind oder wenn sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht erkennen lassen, weil die Schuldform nicht eindeutig festgestellt ist (OLG Koblenz NZV 2013, 152; KG VRS 121 [2011], 107; OLG Bamberg, Beschl. v. 13.07.2010 – 3 Ss OWi 1124/10 [bei juris]; OLG Hamm, Beschl. v. 02.11.2010 – 5 RBs 227/10 [bei juris]; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 23.04.2008 – 1 Ss 59/08 [bei juris]; OLG Düsseldorf NZV 1994, 117 = VRS 86, 353; OLG Hamm VRS 90, 210; KK/Senge OWiG 4. Aufl. § 71 Rn. 106 ff., § 79 Rn. 120 ff.; 128/129 a.E., 143; Göhler/Seitz OWiG 16. Aufl. § 71 Rn. 42, 42a, § 79 Rn. 27c, 32, jeweils m.w.N.; vgl. auch OLG Bamberg DAR 2010, 708 = ZfS 2011, 50 = VRR 2010, 472 [Gieg] und OLG Bamberg, Beschl. v. 17.07.2013 – 2 Ss OWi 944/13 [bei juris] sowie zuletzt u.a. OLG Bamberg DAR 2014, 38 = VRR 2014, 76 [Burhoff]; OLG Bamberg DAR 2014, 37 = VerkMitt. 2014, Nr. 3 = OLGSt StVO § 3 Nr. 19 und OLG Bamberg, Beschl. v. 24.03.2015 – 3 Ss OWi 294/15 [bei juris]).
2. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Die Urteilsgründe des AG leiden mit Blick auf die der Verurteilung der Betr. zugrunde gelegte Schuldform vielmehr an einem durchgreifenden rechtlichen Argumentationsfehler mit der Folge, dass der Schuldspruch und damit auch die verhängten Rechtsfolgen keinen Bestand haben können.
a) Soweit das AG nämlich im Tenor und im festgestelltem Sachverhalt von einer (nur) fahrlässigen Begehungsweise ausgeht, ist dies mit dem gleichzeitig zugunsten der Betr. angenommenen (vermeidbaren) Verbotsirrtum unvereinbar, wonach die Betr. die Beschilderung deshalb „unzutreffend interpretiert“ habe, weil sie „die Beschilderung dahingehend ausgelegt“ habe, als mit ihr „eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h nur für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 Tonnen gelten sollte“. Denn hieraus folgt zwingend, dass die Betr. die ihr zur Last liegende Geschwindigkeitsüberschreitung in diesem Fall vorsätzlich begangenen haben muss und nicht (nur) fahrlässig begangen haben kann, eben weil sie die Beschränkung als für sich nicht gültig interpretiert hat.
b) Das AG verkennt, dass es aufgrund des zugunsten der Betr. angenommenen (vermeidbaren) Verbotsirrtums i.S.v. § 11 II OWiG nur noch zu einem Schuldspruch wegen vorsätzlicher und nicht lediglich wegen fahrlässiger Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes hätte gelangen dürfen. Der Rechtsfehler beruht deshalb in erster Linie auf einer fehlerhaften rechtlichen Subsumtion des festgestellten Sachverhalts. Er ist darauf zurückzuführen, dass das AG die Frage der Schuldform mit derjenigen der fehlenden Einsicht der Betr., ‚etwas Unerlaubtes zu tun‘, und mit dem insoweit anzulegenden - dem Fahrlässigkeitsmaßstab gerade bei bloßen Bußgeldtatbeständen zumindest im Ansatz nicht unähnlichen (BGHSt 4, 236/242 f.; Göhler/Gürtler § 11 Rn. 24; Fischer StGB 62. Aufl. § 17 Rn. 8 ff., jeweils m.w.N.) - Maßstab für die Vermeidbarkeit bzw. Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums im Sinne eines von der Schuldform strikt zu unterscheidenden selbständigen Schuldelements, vermengt hat. Entsprechend der korrespondierenden Regelung in § 17 StGB führt der Verbotsirrtum nach § 11 II OWiG als Ausdruck der Entscheidung des Gesetzgebers für die sog. Schuldtheorie und gegen die sog. Vorsatztheorie (vgl. grundlegend in diesem Sinne zuvor schon BGHSt [GrS] 2, 194) im Einzelfall zwar zum Wegfall der ‚Vorwerfbarkeit‘ bzw. der ‚Schuld‘ oder kann diese – bei Vermeidbarkeit – zumindest mindern oder herabsetzen. Im Unterschied zum Tatbestands- oder Erlaubnistatbestandsirrtum nach § 11 I OWiG bzw. § 16 StGB lässt der Verbotsirrtum – unabhängig von seiner Vermeidbarkeit - den Tatvorsatz als solchen jedoch konsequent und stets unberührt (BGH a.a.O und st.Rspr.; vgl. speziell für das Ordnungswidrigkeitenrecht u.a. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2015, 152 und BeckRS 2014, 08845; OLG Koblenz NJW 2010, 1299 [‚indirekter‘ Verbotsirrtum]; OLG Bamberg, Beschl. v. 16.01.2008 – 2 Ss OWi 1687/07 [bei juris]; KG NZV 1994, 159; OLG Celle NJW 1990, 589; OLG Düsseldorf wistra 1992, 316; OLG Karlsruhe NZV 2005, 380; BayObLG NStZ-RR 1997, 244; aus der Lit. u.a. KK/Rengier OWiG § 11 Rn. 51; Göhler/Gürtler § 11 Rn. 19 ff.; BeckOK-Valerius § 11 Rn. 35 f.; Fischer § 17 Rn. 2, Zieschang StGB AT 4. Aufl. Rn. 343 ff., jeweils m.w.N.). Dies hat das AG hier offenkundig übersehen.
3. Der Rechtsfehler berührt unmittelbar die Frage der von der Betr. verwirklichten Schuldform und damit den ihrer Verurteilung zugrunde liegenden Schuldspruch. Da die der Betr. angelastete Verkehrsordnungswidrigkeit vorsätzlich und fahrlässig begangen werden kann (§ 24 I StVG), liegt hierin ein sachlich-rechtlicher Mangel des Urteils, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 22 f. m.w.N.).
II. Der aufgezeigte sachlich-rechtlichen Mangel zwingt den Senat dazu, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen insgesamt aufzuheben (§ 79 III 1 OWiG, § 353 StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das AG zurückzuverweisen (§ 79 VI OWiG).
III. Für das weitere Verfahren bemerkt der Senat: Sollte nach den neuen Feststellungen des AG wieder eine Fahrverbotsanordnung gegen die Betr. in Betracht zu ziehen sein und sich der Tatrichter wiederum dazu veranlasst sehen, die Auswirkungen eines (vermeidbaren) Verbotsirrtums auf ein an sich verwirktes Fahrverbot, sei es durch den gänzlichen Wegfall des Fahrverbots, sei es in Form einer Abkürzung der an sich vorgesehen Regelfahrverbotsdauer im Rahmen der neuen Rechtsfolgenbemessung zu prüfen, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
1. Jedenfalls die ‚bisherigen‘ - mit der Aufhebung des Urteils jedoch gegenstandslos gewordenen - Feststellungen rechtfertigten auch bei isolierter Betrachtung allein der getroffenen Rechtsfolgenentscheidung weder einen Wegfall des Regelfahrverbots noch seine Abkürzung oder Beschränkung.
a) Zutreffend ist das AG allerdings nicht nur davon ausgegangen, dass gegen die Betr. gemäß §§ 25 I 1 [1. Alt.], 26 a StVG i.V.m. § 4 I 1 Nr. 1 BKatV i.V.m. Nr. 11.3.9 der Tabelle 1c zum BKat die Anordnung eines 2-monatigen Fahrverbots wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betracht kam. Auch hat das AG entgegen der Auffassung der rechtsmittelführenden StA nicht nur „die abstrakte Möglichkeit eines Irrtums über die beschränkende Wirkung von Zusatzschildern als solche […] ohne näheren Bezug zum konkreten Verfahren“ zum Anlass genommen, die Frage eines Absehens von dem an sich verwirkten Fahrverbot in Erwägung zu ziehen. Denn es hat einen entsprechenden Wertungs- bzw. Interpretationsfehler der Betr. nicht nur tatsächlich festgestellt, sondern diesen auch als vermeidbaren Verbotsirrtum i.S.v. § 11 II OWiG und nicht als (vorsatzausschließenden) Tatbestandsirrtum i.S.v. § 11 I 1 OWiG gewertet. Nach den Feststellungen befand sich die Betr. in einem auf mangelnder (präsenter) Kenntnis der einschlägigen Vorschriften beruhenden Wertungsirrtum über die rechtliche Bedeutung (‚Interpretation‘) der von ihr optisch richtig und vollständig wahrgenommenen Wechselbeschilderung, konkret über die (objektiv) beschränkte Wirkung des Zusatzschildes auf das dicht über ihm angebrachte Zeichen 274 (BayObLGSt 1999, 172; BayObLGSt 2003, 61 = NJW 2003, 193 = ZfS 2003, 430 = OLGSt OWiG § 11 Nr. 3 = DAR 2003, 426 = VRS 105 [2003], 309 = VerkMitt 2003 Nr. 75; OLG Bamberg NJW 2007, 3081 = VD 2007, 294 = NZV 2007, 633 = OLGSt StVG § 25 Nr. 37 = VRR 2007, 432 [Gieg], jeweils m.w.N.; vgl. auch AG Weißenfels, Urt. v. 15.10.2013 – 10 OWi 711 Js 204460/13 [bei juris]; ferner Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht 43. Aufl. § 24 StVG Rn. 34, § 41 StVO Rn. 249 a.E. und Göhler/Gürtler § 11 Rn. 30 f.; a.A. KK/Rengier OWiG § 11 Rn. 110 ff., insbesondere Rn. 111/111a [Tatbestandsirrtum]). Schon weil das AG der Einlassung der Betr. gefolgt ist und diese nicht in Zweifel gezogen hat, hatte es damit entsprechende Feststellungen getroffen. Dem steht nicht entgegen dass es – insoweit in der Tat zu seinen vorangehenden Feststellungen widersprüchlich – konstatiert, dass „im vorliegenden Fall […] zwar eine Trennung vorhanden, diese […] aber insgesamt nur wenig auffällig“ gewesen sei, „so dass sie beim Vorbeifahren leicht zu übersehen“ gewesen sei.
b) Zutreffend nimmt das AG auch an, dass in den Fällen des § 4 I 1 BKatV nicht ausnahmslos ein Fahrverbot zu verhängen ist. Vielmehr steht dem Tatrichter auch hier ein Ermessensspielraum zu, um Verstößen im Straßenverkehr mit der im Einzelfall angemessenen Sanktion zu begegnen. Denn die Frage, ob die Würdigung der Tat und der Persönlichkeit des Täters besondere Umstände ergibt, nach denen es ausnahmsweise der Warn- und Denkzettelfunktion eines Fahrverbots im Einzelfall nicht bedarf, liegt grundsätzlich in seinem Verantwortungsbereich. Seine Entscheidung kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin überprüft werden, ob er sein Ermessen deshalb fehlerhaft ausgeübt hat, weil er die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten und sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat.
c) Im Ansatz ebenfalls zutreffend vertritt das AG die Auffassung, dass ein vermeidbarer Verbotsirrtum dazu führen kann, dass die Wertung des Pflichtenverstoßes als ‚grob‘ i.S.v. § 25 I 1 [1. Alt.] StVG als nicht gerechtfertigt anzusehen ist mit der Folge, dass die Anordnung eines Fahrverbots nicht (mehr) angezeigt ist (BayObLG und OLG Bamberg, jeweils a.a.O.; vgl. auch Hentschel/König/Dauer § 25 StVG Rn. 24 a.E. und Burmann/Heß/Jahnke/Janker Straßenverkehrsrecht 23. Aufl. § 25 StVG Rn. 16). Insoweit ist ohne Belang, dass § 11 II OWiG im Unterschied zu § 17 S. 2 StGB keine (ausdrückliche) fakultative Milderung des Sanktionsrahmens vorsieht (Göhler/Gürtler § 11 Rn. 29; BeckOK-Valerius OWiG [Stand: 15.04.2015] § 11 Rn. 36).
d) Wäre hiervon auszugehen, scheidet freilich - nicht anders wie beim Eingreifen der Grundsätze des sog. ‚Augenblicksversagens‘ und entgegen der vom AG offenbar vertretenen Ansicht - auch eine Kompensation durch Anhebung der an sich verwirkten Regelgeldbuße allein auf der Grundlage des § 4 IV BKatV schon begrifflich, nämlich mangels Vorliegens eines als ‚grob‘ anzusehenden Pflichtenverstoßes, aus (OLG Hamm DAR 1998, 322 und NZV 1999, 92; OLG Karlsruhe NJW 2003, 3719; vgl. auch Burhoff [Hrsg.]/Deutscher, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., Rn. 1498, 1742 m.w.N.).
2. Andererseits ist auch in den Fallgestaltungen des vermeidbaren Verbotsirrtums mit Blick auf den Wegfall eines an sich verwirkten Fahrverbots oder seiner Abkürzung oder Beschränkung (vgl. § 25 I 1 a.E. StVG) genauso wie im Falle des durch einen Irrtum über tatsächliche Umstände gekennzeichneten sog. ‚Augenblicksversagens‘ wegen auf einfacher Fahrlässigkeit beruhendem Übersehen eines geschwindigkeitsbeschränkenden Verkehrszeichens die Vorbewertung des Verordnungsgebers, der in § 4 I 1 BKatV bestimmte Verhaltensweisen als grobe Pflichtverletzungen ansieht, bei denen regelmäßig die Anordnung eines Fahrverbots in Betracht kommt, zu beachten (BGHSt 38, 125/130 und 231/235). Denn ebenso wie davon auszugehen ist, dass ein ordnungsgemäß aufgestelltes Vorschriftszeichen von einem Verkehrsteilnehmer in der Regel auch wahrgenommen wird, muss von jedem Kraftfahrer erwartet werden, dass er die Bedeutung eines von ihm tatsächlich wahrgenommenen zulässigen Verkehrszeichens kennt und sein Fahrverhalten hiernach ausrichtet. Jede andere Sicht der Dinge wäre mit der Intention des Verordnungsgebers unvereinbar, wonach grundsätzlich, nämlich soweit der Tatbestand des § 4 I 1 Nr. 1 BKatV erfüllt ist, das Vorliegen eines groben Verstoßes i.S.d. § 25 I 1 StVG indiziert ist, weshalb es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf.
3. Hieraus folgt, dass nicht jeder – wenn auch nachvollziehbare – vermeidbare Verbotsirrtum ‚automatisch‘ dazu führt, von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot Ausnahmen zuzulassen. Erforderlich ist vielmehr stets eine umfassende einzelfallbezogene Abwägung und Gewichtung sämtlicher erkennbarer Umstände und eine hierauf aufbauende Gesamtschau. Denn ein vermeidbarer („verschuldeter“) Verbotsirrtum kann zwar den Schuldvorwurf mindern, muss ihn aber nicht unter allen Umständen mindern. Nur soweit er ihn im Einzelfall wirklich mindert, ist eine entsprechende Milderung geboten (BGHSt 2, 194). Dies gilt erst Recht, als der Verbotsirrtum nach § 11 II OWiG entsprechend der korrespondierenden Regelung in § 17 StGB unabhängig von seiner Vermeidbarkeit als Ausdruck der Entscheidung des Gesetzgebers für die Schuldtheorie zwar im Einzelfall die ‚Vorwerfbarkeit‘ bzw. die ‚Schuld‘ beseitigen oder – bei Vermeidbarkeit – diese mindern oder herabsetzen kann, den Tatvorsatz als solchen aber im Unterschied zum Tatbestands- oder Erlaubnistatbestandsirrtum nach § 11 I OWiG bzw. § 16 StGB unberührt lässt (vgl. schon oben unter I. 2.b).
4. Die Anerkennung einer Privilegierungswirkung und ihr möglicher Umfang hängen im Falle des vermeidbaren Verbotsirrtums mit Blick auf eine bußgeldrechtliche Fahrverbotsanordnung entscheidend vom Grad der Vermeidbarkeit für den Betr. ab. Denn auch insoweit kann für das Ordnungswidrigkeitenrecht nichts anderes gelten wie für das Strafrecht bei Anerkennung einer fakultativen Strafmilderung nach § 17 S. 2 StGB bzw. einer dort (vorrangig zu prüfenden) Annahme eines – soweit vorgesehen – minder schweren Falles oder der Ablehnung eines besonders schweren Falles (Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl. Rn. 940 f.; Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben/Schuster StGB 29. Aufl. § 17 Rn. 26; BeckOK/Heuchemer StGB [Stand: 10.09.2015/Ed. 28] § 17 Rn. 46; vgl. auch BGH wistra 2013, 153).
5. Dies bedingt, dass im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren im Rahmen der gebotene Gesamtschau stets auch der Frage nachzugehen ist, wie leicht oder schwer für den Betr. seine Verpflichtung erkennbar gewesen ist, wozu durch auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Feststellungen belegte und nachvollziehbare Wertungen zu treffen sind. Die Anerkennung einer Privilegierungswirkung hinsichtlich eines an sich verwirkten Fahrverbots, seiner Dauer oder seines Umfangs (§ 25 I 1 a.E. StVG) bedarf daher auch in den Fällen des vermeidbaren Verbotsirrtums regelmäßig ergänzender, dem Tatrichter vorbehaltener Wertungen und demgemäß korrespondierender tatsächlicher Feststellungen, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung der Rechtsfolgenentscheidung zu ermöglichen (OLG Karlsruhe NZV 2005, 380; OLG Stuttgart BeckRS 2012, 09299; vgl. auch BeckOK-Valerius § 11 Rn. 44; KK/Rengier OWiG § 11 Rn. 129 und Göhler/Gürtler § 11 Rn. 34, jeweils m.w.N.). So kann die Verneinung von Rücksichts- und Verantwortungslosigkeit trotz eines objektiv schwerwiegenden und – wie hier – vorsätzlichen Geschwindigkeitsverstoßes und damit die Erheblichkeit eines vermeidbaren Verbotsirrtums für ein bußgeldrechtliches Fahrverbot jedenfalls dann in Erwägung zu ziehen sein, wenn die tatrichterlichen Feststellungen die Wertung zulassen, dass der festgestellte Verbotsirrtum als solcher keinen fern liegenden Irrtum darstellt. In diesem Zusammenhang mag im Einzelfall u.a. auch zu berücksichtigen sein, ob dem Entstehen des Irrtums durch das Anbringen einer den Richtlinien im konkreten Fall besser entsprechenden Beschilderung durch die zuständige Behörde problemlos hätte entgegengewirkt werden können (BayObLG; OLG Bamberg, jeweils a.a.O.).
6. Nach diesen Maßstäben genügten die ‚bisherigen‘ tatrichterlichen Feststellungen zu der zwar dem AG „aus einer Reihe von gleichgelagerten Verfahren“ bekannten konkreten Beschilderung des fraglichen Streckenabschnitts nicht, um auch den Senat hinreichend in den Stand zu versetzen, die Wertung, wonach der (vermeidbare) Verbotsirrtum der Betr. die Widerlegung der (tatbestandsbezogenen) Indizwirkung des Regelbeispiels im Einzelfall rechtfertigt, nachzuvollziehen.
a) Insbesondere durfte sich das AG nicht mit der Beschreibung nur der offenbar letzten der die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h vor der Messstelle beidseitig anordnenden Wechselbeschilderung begnügen. Die im Urteil gemäß § 267 I 3 StPO i.V.m. § 71 I OWiG wirksam in Bezug genommenen, bei der Akte befindlichen und in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder legen nämlich die Vermutung nahe, dass der Beschränkung auf 60 km/h mindestens eine weitere Geschwindigkeitsbeschränkung auf zunächst 80 km bei im Übrigen gleich gestalteter beidseitiger Wechselbeschilderung vorausgegangen ist. Möglicherweise wurde die zulässige Geschwindigkeit noch durch eine weitere (erste) Geschwindigkeitsbeschränkung (z.B. auf 100 km/h) angeordnet, welche dann allesamt von der Betr. vor der Messstelle passiert worden sein müssen. Allein die Höhe der auf dem Streckenabschnitt zunächst angeordneten zulässigen Höchstgeschwindigkeiten könnte mit Blick auf die für Pkw mit Anhänger und Kraftomnibusse auf Autobahnen (und Kraftfahrstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften) „unter günstigsten Umständen“ gültige gesetzliche Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h (vgl. § 18 V 2 Nr. 1b bzw. Nr. 1c StVO) deshalb einen Irrtum, wonach die Geschwindigkeit „nur für Fahrzeuge über 2,8 t zulässiges Gesamtgewicht, für PKWs mit Anhänger und für Omnibusse gelten“, als fern liegend erscheinen lassen.
b) Zur Beschreibung des von der Betr. vor der Messstelle befahrenen Streckenabschnitts wird das AG ferner – gegebenenfalls unter Heranziehung eines Beschilderungsplans – Feststellungen zu einer etwaigen sonstigen Beschilderung zu treffen haben. Hierzu zählt beispielsweise wegen der im Urteil als Grund für die angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung „auf Höhe der Messstelle“ mitgeteilten „LKW-Kontrolle“ die Existenz von sog. Einengungstafeln (Zeichen 531) im Hinblick auf die „an der genannten Stelle dreispurig übersichtlich gerade“ verlaufende Autobahn auf zwei oder nur noch eine Fahrspur ebenso wie etwaige allgemeine Hinweisbeschilderungen auf die zu erwartende Lkw-Kontrollstelle und auch, ob sich der Betr. die Einrichtung und der aktuelle Betrieb der Kontrollstelle aufgrund sonstiger Umstände, z.B. der Wahrnehmung von Streifenwagen oder offenkundig im Einsatz befindlicher Polizeibeamter, nicht ohnehin aufdrängen musste. In allen Fällen bestünde für die Anerkennung eines irrtumsbedingt herabgesetzten Handlungsunwerts aufgrund des hohen Grades der Vermeidbarkeit des Irrtums kaum noch Raum.
c) Soweit das AG schließlich darauf abgestellt hat, dass die Betr. bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, vermag auch diese Erwägung ein Absehen vom Fahrverbot nicht zu rechtfertigen. Die in der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen Regelahndungen gehen von fahrlässiger Begehung, gewöhnlichen Tatumständen und fehlenden Vorahndungen des Betr. aus (vgl. §§ 1 II, 3 I BKatV). Dass ein Betr. bislang straßenverkehrsrechtlich unauffällig geblieben ist, rechtfertigt ein Abweichen von der Regelahndung deshalb auch in Verbindung mit einer teilgeständigen Einlassung oder einem etwaigen in der Hauptverhandlung hinterlassenen günstigen Eindruck und einer positiven Prognose hinsichtlich des künftigen Verkehrsverhaltens grundsätzlich nicht (BayObLGSt 1994, 156; OLG Hamm OLGSt BKatV § 4 Nr. 4 = NZV 2007, 100; OLG Hamm DAR 2006, 521; OLG Jena VRS 111, 52). […]