OLG Frankfurt: Unfallversicherung darf Zahlung wegen Arglist verweigern

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat mit nunmehr veröffentlichten Urteil vom 21.9.2021 (Aktenzeichen: 14 U 339/20) eine Leistungsfreiheit des Unfallversicherers wegen arglistiger Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers angenommen. Die mitversicherte Ehefrau hatte zwar einen Unfall erlitten. Dieser erfolgte jedoch bei einer Alkoholisierung von 2,6 Promille. Die Angaben des Versicherungsnehmers wertete das Gericht als arglistig. weil in der Schadensanzeige die Frage, ob der verletzten Person eine Blutprobe entnommen worden war, objektiv wahrheitswidrig mit „Nein“ beantwortet worden war. Ebenso wurde bei der Frage nach den Vorerkrankungen wahrheitswidrig unerwähnt gelassen, dass die mitversicherte Ehefrau an einem Alkoholabusus leidet.

 

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde:

 

Der Kläger (im Folgenden: "Kl.") begehrt von seinem Versicherer (im Folgenden: "Bekl."). die Zahlung einer Invaliditätsleistung aus einer privaten Unfallversicherung wegen eines Unfallereignisses seiner mitversicherten Ehefrau am 16.7.2016. Er unterhält bei dem Bekl. eine private Unfallversicherung; versicherte Personen sind der Kl. selbst sowie seine Ehefrau, Frau Karin T. Letztere war am Tag des Unfalls 65 Jahre alt.

 

Am 16.7.2016 stürzte die chronisch alkoholkranke Ehefrau des Kl. gegen 14 Uhr mit dem linken Auge auf den Griff ihres Rollators. Aufgrund einer Berstung im linken Auge erblindete dieses in Folge des Unfalls vollständig und irreversibel. Bei der nachfolgenden Krankenhausbehandlung im Klinikum Kassel wurde ausweislich des Laborberichts vom 16.7.2016 (15:53 Uhr) eine Blutalkoholkonzentration der Ehefrau des Kl. von 2,6 Promille festgestellt. Zwischen den Parteien ist (inzwischen) unstreitig, dass die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Bekl. in Form der AUB 2000 in den im Jahre 2000 geschlossenen Versicherungsvertrag einbezogen worden sind. Mit der Unterschrift auf dem Antrag vom 28.2.2020 bestätigte der Kl. deren Erhalt.

 

Unter Nr. 2.1.2.1 AUB 2000 heißt es:

„Die Invaliditätsleistung zahlen wir

-als Kapitalbetrag bei Unfällen der versicherten Person vor Vollendung des 65. Lebensjahres,

-als Rente nach Nr. 2.1.2.3 bei Unfällen nach diesem Zeitpunkt.“

 

Unter der Rubrik 5.1 („Kein Versicherungsschutz besteht für folgende Unfälle:“) heißt es unter Nr. 5.1.1:

 

„Unfälle der versicherten Person durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, auch soweit diese auf Trunkenheit beruhen, sowie durch Schlaganfälle, epileptische Anfälle oder andere Krampfanfälle, die den ganzen Körper der versicherten Person ergreifen.

Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn diese Störungen oder Anfälle durch ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis verursacht waren.“

 

Weiter heißt es unter Nr. 7.2:

 

„Die von uns übersandte Unfallanzeige müssen Sie oder die versicherte Person wahrheitsgemäß ausfüllen und uns unverzüglich zurücksenden; von uns darüber hinaus geforderte sachdienliche Auskünfte müssen in gleicher Weise erteilt werden.“

 

Unter Nr. 8 („Welche Folgen hat die Nichtbeachtung von Obliegenheiten“) heißt es:

 

„Wird eine nach Eintritt eines Unfalls zu erfüllende Obliegenheit verletzt, verlieren sie den Versicherungsschutz, es sei denn, Sie haben die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. Bei grob fahrlässiger Verletzung behalten sie insoweit den Versicherungsschutz, als die Verletzung weder Einfluss auf die Feststellung des Leistungsfalls noch auf die Bemessung der Leistung gehabt hat. Bei vorsätzlicher Verletzung behalten Sie in diesen Fällen den Versicherungsschutz insoweit nur, wenn die Verletzung nicht geeignet war, unsere Interessen ernsthaft zu beeinträchtigen, oder wenn sie kein erhebliches Verschulden trifft.“

 

Die Parteien streiten darüber, ob zum Unfallzeitpunkt bereits eine den Versicherungsschutz ausschließende Alkoholisierung bestanden hat, oder ob die Ehefrau des Kl. erst nach dem Unfall in erheblichem Maße Nachtrunk gehalten hat. Der Kl. meldete den Unfall dem Bekl. entsprechend den Versicherungsbedingungen. In der Schadensanzeige vom 21.8.2016 an den Bekl., die eine Belehrung über die Folgen von Obliegenheitspflichtsverletzungen enthält, bejahte er die Frage unter Nr. 7.1 danach, ob die verletzte Person in den letzten zwölf Stunden vor dem Unfall alkoholische Getränke, Medikamente oder Rauschmittel zu sich genommen habe, und gab an: „Blutdrucksenker, Sodbrennmittel, Bier“.

 

Die Frage unter Nr. 2, danach, ob der verletzten Person eine Blutprobe entnommen worden sei, verneinte er. Die Frage nach Vorerkrankungen (vorbestehende Krankheiten oder Gebrechen) unter Nr. 11.1 bejahte er und gab an: „Bluthochdruck, Rückenleiden“.

 

Nachdem der Bekl. die Unfallanzeige erhalten hatte, bat er den Kl. mit Schreiben vom 25.8.2016 um ergänzende Informationen, unter anderem dazu, welche Menge an Bier in den letzten 12 Stunden vor dem Unfall konsumiert worden sei. Hierauf antwortete der Kl. mit Schreiben vom 2.10.2016, in dem es unter anderem heißt: „Am Vorabend des Unfalls haben wir den 65. Geburtstag meiner Frau gefeiert. Dort wurden einige Gläser Bier konsumiert.“

 

Mit Schreiben vom 8.8.2018 lehnte der Bekl. die Erbringung von Leistungen unter Bezugnahme auf die Ausschlussregelung gem. Nr. 5.1.1 AUB 2000 ab. Ohnehin bestehe angesichts des Umstandes, dass die Ehefrau zum Unfallzeitpunkt bereits das 65. Lebensjahr vollendet hatte, gem. Nr. 2.1.2.1 AUB 2000 kein Anspruch auf die geltend gemachte Kapitalleistung, sondern lediglich auf eine Rentenleistung, hinsichtlich derer der Kl. unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen substanziiert vortragen müsse, für welche Zeiträume und welcher Höhe er bereits fällig gewordene Rentenleistungen begehre.

 

Das LG Kassel (Urt. v. 15.9.2020 – 5 O 2200/19) hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. hatte keinen Erfolg.

 

Aus den Gründen

 

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II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kl. hat aus keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsleistung aus der zwischen den Parteien geschlossenen privaten Unfallversicherung wegen des Unfallereignisses seiner mitversicherten Ehefrau vom 16.7.2016.

 

28

Zwar liegt durch den Sturz der mitversicherten Ehefrau auf den Griff ihres Rollators ein Unfallereignis iSv Nr. 1.3 AUB 2000 vor, was auch die Bekl. nicht bestreitet, wenn auch der Unfallhergang nicht gänzlich geklärt ist. Die  Geltung der AUB 2000 für das streitgegenständliche Vertragsverhältnis ist (inzwischen) unstreitig.

 

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In Betracht kommt daher wegen des Alters der Ehefrau zum Unfallzeitpunkt allenfalls der hilfsweise geltend gemachte Anspruch des Kl. auf eine Rentenleistung für seine mitversicherte Ehefrau, nicht aber auf die mit dem Hauptantrag begehrte Einmalleistung. Ob, wie der Kl. meint, in dem erstinstanzlich geltend gemachten Zahlungsanspruch als wesensgleiches Minus ein Anspruch auf Zahlung der Invaliditätsrente enthalten war, kann offenbleiben, weil der Kl. dahingehende Ansprüche jedenfalls zulässigerweise nunmehr in der Berufungsinstanz gestellt hat, § 533 Nr. 2 ZPO.

 

30

Zu Recht ist das LG auch von der Wirksamkeit der Rentenklausel aus Nr. 2.1.2.1 AUB 2000 ausgegangen. Anders als die Klägerseite meint, ist diese Rentenklausel nicht altersdiskriminierend; insbesondere fällt sie nicht in den zeitlichen Anwendungsbereich des AGG. Dieser wird durch Übergangsbestimmungen in § 33 AGG geregelt, wobei § 33 IV 1 AGG vorsieht, dass das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot (§ 19 AGG) auf Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, nicht anzuwenden ist, wenn diese vor dem 22.12.2007 begründet worden sind. Das vorliegende Vertragsverhältnis stammt indes aus dem Jahre 2000.

 

31

Der Kl. hat jedoch auch keine Ansprüche auf Zahlung einer Rente für die mitversicherte Ehefrau.

 

32

Zwar ist das Sanktionssystem der vereinbarten AUB 2000 unwirksam. Der Bekl. ist jedoch jedenfalls wegen einer arglistigen Obliegenheitsverletzung des Kl. leistungsfrei geworden.

 

Im Einzelnen:

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1. Auf den im Jahr 2016 eingetretenen Versicherungsfall findet gem. Art. 1 I EGVVG das Versicherungsvertragsgesetz idF des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2017 Anwendung. Gemäß § 28 II 2 VVG ist der Versicherer im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung einer Obliegenheit nur berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Von dieser Regelung weicht das streitgegenständliche Sanktionssystem in Nr. 8 AUB ab, weil es bei grob fahrlässiger Obliegenheitsverpflichtung statt einer Anspruchskürzung die Leistungsfreiheit des Versicherers vorsieht. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 191, 159 = NJW 2012, 217) sind Regelungen in den Versicherungsbedingungen, die von der halbzwingenden Bestimmung des § 28 II 2 VVG nF zulasten des Versicherungsnehmers abweichen, wegen unangemessener Benachteiligung gem. § 307 I 1 BGB unwirksam.

 

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Eine Leistungsfreiheit des Bekl. lässt sich aus dieser Klausel folglich nicht herleiten. Der Bekl. hat – nach Aktenlage – sein Sanktionssystem der Obliegenheitsverletzungen (im Rahmen der ihm nach Art. 1 III EGVVG eröffneten Möglichkeiten) auch nicht nachträglich an die Regelung des § 28 VVG angepasst.

 

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2. Der Bekl. ist dennoch nicht verpflichtet, dem Kl. aufgrund des Ereignisses vom 16.7.2016 Leistungen aus der Unfallversicherung zu erbringen. Denn der Kl. hat versucht, den Bekl. durch Falschangaben in der Schadenanzeige arglistig zu täuschen. Damit hat der Kl. Obliegenheiten arglistig verletzt, was im Ergebnis zu einem Leistungsausschluss wegen Verwirkung, § 242 BGB, führt. Dem Kl. kommt insoweit nicht zu Gute, dass das in den AUB 2000 enthaltene Sanktionssystem unwirksam ist und der Bekl. dieses nicht nachträglich angepasst hat. Der BGH hat in der oben zitierten Entscheidung zwar die Frage offengelassen, ob sich die Unwirksamkeit nur auf die Regelungen über die Sanktion einer Obliegenheitsverletzung oder auch auf die vertragliche Vereinbarung der Obliegenheiten als solche bezieht.

 

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a) Der Senat meint insoweit, dass die Unwirksamkeit des Sanktionensystems die vertragliche Vereinbarung der einzelnen Verhaltensgebote, also Obliegenheiten, nicht berührt (ebenso OLG Köln 17.1.2014 – 20 U 208/12, BeckRS 2014, 17044 Rn. 29; Armbrüster VersR 2012, 9 (12, 13); Günther/Spielmann VersR 2013, 549; Neuhaus MDR 2013, 1201 (1202); Looschelders/Pohlmann VVG/Pohlmann, 2. Aufl., Vorb. B Rn. 63; s. auch Wittchen NJW 2012, 2480 (2482)).

 

37

Zwischen der Vereinbarung einer Obliegenheit und den Folgen ihrer Verletzung lässt sich ohne weiteres inhaltlich unterscheiden („Blue-Pencil-Test“). Vertragliche Obliegenheiten ergeben auch ohne eine angedrohte Sanktion einen Sinn, weil sie den Versicherungsnehmer zu einem vertragstreuen Verhalten auffordern (OLG Köln 17.1.2014 – 20 U 208/12, BeckRS 2014, 17044 Rn. 29). Eine Unwirksamkeit der Obliegenheitsvereinbarung an sich ist auch nicht durch den Schutzzweck des § 28 II VVG nF geboten, denn diese Norm bezweckt lediglich, die Rechtsfolgen einer Obliegenheitsverletzung im Vergleich zum früheren Recht abzumildern.

 

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Es erscheint damit überzeugend, dass die vertraglichen Obliegenheiten, also die Verhaltensgebote, von der Klauselunwirksamkeit selbst nicht tangiert werden, sondern eigenständig bestehen bleiben. Betroffen ist von der Unwirksamkeit vielmehr nur die Rechtsfolgenregelung (so auch Neuhaus MDR 2013, 1201 (1202)).

 

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b) Die damit fortbestehende Obliegenheit des Kl. zur wahrheitsgemäßen Abgabe von Erklärungen in der Schadenanzeige (dazu sogleich) führt zur Leistungsfreiheit des Bekl. Die Leistungsfreiheit des Versicherers bei arglistiger Obliegenheitsverletzung steht als Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens der Verwirkung (§ 242 BGB) und des Vertrauensverhältnisses zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer abseits der Regelungen des § 28 II VVG (OLG Köln 7.1.2014 – 20 U 208/12 Rn. 30) und bedarf keiner weiteren vertraglichen Vereinbarung (BGH NJW-RR 1991, 1370 Rn. 15). Dass die Verletzung vertraglich vereinbarter Obliegenheiten im Falle arglistigen Verhaltens des Versicherungsnehmers – erst recht – zur Leistungsfreiheit führt, weil der arglistig Handelnde keinen Schutz verdient, folgt auch aus § 28 II 2 VVG, wonach Leistungsfreiheit bei Arglist selbst dann eintritt, wenn die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war (so OLG Frankfurt a. M. 20.2.2013 – 7 U 229/11, BeckRS 2013, 15721 Rn. 47; nachgehend BGH 19.2.2014 – IV ZR 119/13, NZB zurückgewiesen).

 

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c) Seine Obliegenheit, die Unfallanzeige wahrheitsgemäß auszufüllen und unverzüglich zurückzusenden (Nr. 7.2 AUB 2000) hat der Kl. verletzt, weil er in seiner Schadensanzeige vom 21.8.2016 jedenfalls die Frage unter Nr. 7.2. danach, ob der verletzten Person eine Blutprobe entnommen worden war, objektiv wahrheitswidrig mit „Nein“ beantwortet hat. Ebenso hat er bei der Frage nach den Vorerkrankungen wahrheitswidrig unerwähnt gelassen, dass die mitversicherte Ehefrau an einem Alkoholabusus leidet und die entsprechende Frage unter Nr. 7.1 lediglich mit „Blutdrucksenker, Sodbrennmittel, Bier“ beantwortet.

 

41

Der Kl. handelte bei Abfassung der Unfallanzeige arglistig. Für eine arglistige Täuschung ist eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers nicht erforderlich. Arglistig handelt der Versicherungsnehmer bereits dann, wenn er sich bewusst ist, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH NJOZ 2014, 291 Rn. 7; OLG Köln 7.2.2012 – I-9 U 61/11 Rn. 41). Es genügt das Bestreben, Schwierigkeiten bei der Durchsetzung auch berechtigter Deckungsansprüche zu beseitigen. Hierzu reicht es aus, wenn Angaben verschwiegen werden, die den Versicherer veranlassen könnten, seine Leistungspflicht näher auch mit Blick auf einen etwaigen Leistungsausschluss zu prüfen.

 

42

Vorliegend hat der Kl. in der Unfallanzeige den Hergang des Sturzes seiner Ehefrau vollkommen unverfänglich geschildert. Hätte er demgegenüber angeführt, dass diese chronisch alkoholkrank ist und dass bei der in zeitlicher Nähe zum Unfall erfolgten ärztlichen Blutuntersuchung ein Promillewert von 2,6 festgestellt wurde, hätte der Bekl. allen Anlass gehabt zu prüfen, ob die mitversicherte Ehefrau sich bereits zum Unfallzeitpunkt im Zustand einer den Versicherungsschutz ausschließenden Bewusstseinsstörung, nämlich der (Voll-)trunkenheit, befunden hatte. Der Senat ist davon überzeugt, dass dem Kl. bei Verfassen der Unfallanzeige diese Konsequenz vor Augen stand und er, um eine Regulierung zu beschleunigen, sämtliche Angaben, die einer raschen Abwicklung des Versicherungsfalls entgegengestanden hätten, bewusst verschwiegen hat. Anders ist das Weglassen dieser – für den Bekl. offensichtlich entscheidenden – Informationen nicht erklärbar.

 

43

Zwar ist das Vorliegen der Arglist in Bezug auf die Beeinflussung des Regulierungsverhaltens als innerer Tatsache vom Versicherer nur im Wege des Indizienbeweises zu führen. Bei objektivem Vorliegen einer Falschangabe muss indes der Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast eine plausible Erklärung dafür vortragen, wie und weshalb es zu den objektiv falschen Angaben gekommen ist (BGH NJW-RR 2008, 343; NJW 2018, 1019 Rn. 30; OLG Frankfurt a. M. 20.2.2013 – 7 U 229/11, BeckRS 2013, 15721 Rn. 37; Prölss/Martin VVG/Armbrüster VVG § 22 Rn. 44).

 

44

Dies ist dem Kl. nicht gelungen. Sein Vortrag zu dem gehaltenen Nachtrunk ist bereits deshalb wenig plausibel ist, weil zwischen dem – unstreitig – gegen 14 Uhr erfolgten Unfallereignis und des ausweislich des Ärztlichen Erstberichts ebenfalls bereits gegen 14 Uhr erfolgten Behandlungsbeginns für einen behaupteten Nachtrunk in der vorgetragenen Größenordnung kein zeitlicher Spielraum bestand. Ein solcher Nachtrunk erscheint auch angesichts der Schwere der erlittenen Verletzungen und der damit notwendigerweise verbundenen Schmerzen lebensfremd. Die Behauptungen des Kl. zum Trinkverhalten seiner Ehefrau sind auch im Ganzen widersprüchlich. So hat er in der Schadenanzeige angegeben, diese habe in den zwölf Stunden vor dem Unfall (also noch zwischen 2 Uhr nachts und 14 Uhr des Unfalltages) „Bier“ in nicht näher bestimmter Menge getrunken. Zum anderen hat er auf Nachfrage des Bekl. mitgeteilt, man habe lediglich anlässlich des Geburtstags seiner Ehefrau „am Vorabend“ „einige Gläser Bier“ getrunken. Des Weiteren macht auch der unstreitige Umstand, dass die Ehefrau des Kl. chronische Alkoholikerin ist, es jedenfalls unwahrscheinlich, dass diese am Unfalltag noch keinen Alkohol zu sich genommen hatte, zumal diese nach Klägervortrag so „stark alkoholgewöhnt“ ist, dass „die Annahme des Vorliegens einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung von vorneherein auszuschließen ist“. Letztere Behauptung hätte indes nur Sinn, wenn zum Unfallzeitpunkt eine – wie auch immer geartete – Alkoholisierung der mitversicherten Ehefrau überhaupt vorgelegen hätte. Dies hat der Kl. aber dementiert. Seine Behauptungen sind damit im Ganzen nicht nachvollziehbar und unglaubhaft.

 

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d) Der Kl. wurde auch über seine Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben belehrt. Über dem Unterschriftenfeld befindet sich in der Schadenzeige die entsprechende Belehrung, die zudem noch durch einen Rahmen und durch Fettdruck deutlich hervorgehoben ist und mit „Wichtige Obliegenheiten“ überschrieben ist. Einer vorherigen Belehrung über die Folgen einer arglistigen Täuschung bedurfte es im Übrigen schon deshalb nicht, da der arglistig Täuschende nicht schutzwürdig ist (hierzu OLG Frankfurt a. M. 20.2.2013 – 7 U 229/11, BeckRS 2013, 15721 Rn. 46 f).

 

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Danach ist der Bekl. leistungsfrei.

 

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3.

Mangels zuzuerkennender Hauptforderung hat der Kl. auch keinen Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten.