Generalanwalt EuGH: Ausweitung des Verbraucherbegriffs

In seinem Schlussvortrag vom 15.12.2022 im Verfahren C-570/21 führte der Generalanwalt beim EuGH Pitruzzella aus, dass der Gewerbetreibende, sogar der spezialisierte Rechtsanwalt im Rahmen von Verträgen über juristische Dienstleistungen, oder eine Person, die einer Tätigkeit als Gewerbetreibender nachgeht, den einem Verbraucher gewährten Schutz in Anspruch nehmen kann. Letztlich ging es um folgende grundsätzliche Frage, die auch im deutschen Recht von oft großer Bedeutung ist: Kann im Hinblick auf den Schutz des Unionsrechts gegen missbräuchliche Klauseln als Verbraucher bezeichnet werden, wer in Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit gemeinsam mit einem anderen Kreditnehmer, der keine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat, einen Kreditvertrag abgeschlossen hat, wenn er dabei teilweise im Rahmen und teilweise außerhalb seiner Tätigkeit gehandelt hat, und im Gesamtzusammenhang des Vertrags der gewerbliche oder berufliche Charakter nicht überwiegt?

Der Schlussvortrag im Wortlaut:

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GIOVANNI PITRUZZELLA

vom 15. Dezember 2022

Rechtssache C570/21

I.S.,

K.S.

gegen

YYY. S.A.

(Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Rejonowy dla Warszawy-Woli w Warszawie [Rayongericht Warszawa-Wola in Warschau, Polen])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Begriff des Verbrauchers – Von einer Person, die eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt, und einer anderen Person, die keine berufliche Tätigkeit ausübt, abgeschlossener Vertrag mit doppeltem Zweck – Nebensächlichkeit oder fehlendes Überwiegen des beruflichen oder gewerblichen Zwecks im Gesamtzusammenhang des abgeschlossenen Vertrags“

1.        Kann im Hinblick auf den Schutz des Unionsrechts gegen missbräuchliche Klauseln als Verbraucher bezeichnet werden, wer in Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit gemeinsam mit einem anderen Kreditnehmer, der keine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat, einen Kreditvertrag abgeschlossen hat, wenn er dabei teilweise im Rahmen und teilweise außerhalb seiner Tätigkeit gehandelt hat, und im Gesamtzusammenhang des Vertrags der gewerbliche oder berufliche Charakter nicht überwiegt?

I.      Rechtsrahmen

A.      Unionsrecht

 1. Richtlinie 93/13

2.        Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG(2) lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.“

3.        Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeuten:

b)      Verbraucher: eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann;

c)      Gewerbetreibender: eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist.“

 2. Richtlinie 2011/83

4.        Der 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83/EU(3) lautet:

„Die Definition des Verbrauchers sollte natürliche Personen, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln, umfassen. Wird der Vertrag jedoch teilweise für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke abgeschlossen (Verträge mit doppeltem Zweck) und ist der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend, so sollte diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden.“

5.        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) dieser Richtlinie sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke

1.      ‚Verbraucher‘ jede natürliche Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen;

2.      ‚Unternehmer‘ jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob letztere öffentlicher oder privater Natur ist, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können …“

 3. Richtlinie 2013/11

6.        Der 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 2013/11(4) lautet:

„Die Definition des Begriffs ‚Verbraucher‘ sollte natürliche Personen, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln, umfassen. Wird ein Vertrag jedoch teils im Rahmen, teils außerhalb des Rahmens des Gewerbes einer Person abgeschlossen (Verträge mit doppeltem Zweck) und ist der gewerbliche Zweck so gering, dass er im Gesamtkontext des Geschäfts als nicht überwiegend erscheint, sollte die betreffende Person ebenfalls als Verbraucher gelten.“

7.        Art. 4 („Begriffsbestimmungen“) Abs. 1 Buchst. a und b der genannten Richtlinie sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)      ‚Verbraucher‘ jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;

b)      ‚Unternehmer‘ jede natürliche oder juristische Person – unabhängig davon, ob sie in privatem oder öffentlichem Eigentum steht –, die zu Zwecken handelt, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, wobei sie dies auch durch eine in ihrem Namen oder Auftrag handelnde Person tun kann;

…“

 4. Verordnung Nr. 524/2013

8.        Der 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 524/2013(5) lautet:

„Die Definition des Begriffs ‚Verbraucher‘ sollte natürliche Personen, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln, umfassen. Wird ein Vertrag jedoch teils im Rahmen, teils außerhalb des Rahmens des Gewerbes einer Person abgeschlossen (Verträge mit doppeltem Zweck) und ist der gewerbliche Zweck so gering, dass er im Gesamtkontext des Geschäfts als nicht überwiegend erscheint, sollte die betreffende Person ebenfalls als Verbraucher gelten.“

9.        Auch Art. 4 („Begriffsbestimmungen“) Abs. 1 Buchst. a und b dieser Verordnung bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a)      ‚Verbraucher‘ einen Verbraucher im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2013/11/EU;

b)      ‚Unternehmer‘ einen Unternehmer im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/11/EU;

…“

B.      Polnisches Recht

10.      Art. 221 des Kodeks cywilny (Zivilgesetzbuch) in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung definiert „Verbraucher“ als „natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft mit einem Unternehmer abschließt, das nicht unmittelbar mit ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zusammenhängt“.

11.      Art. 3851 des Zivilgesetzbuchs lautet:

„§ 1.      Die Bestimmungen eines Verbrauchervertrags, die nicht individuell ausgehandelt wurden, sind für den Verbraucher unverbindlich, wenn sie seine Rechte und Pflichten in einer Art und Weise gestalten, die gegen die guten Sitten verstößt und ihn grob benachteiligt (verbotene Vertragsklauseln). Dies gilt nicht für Bestimmungen, die die Hauptleistungen der Parteien festlegen, insbesondere den Preis oder die Vergütung, wenn sie eindeutig formuliert sind.

§ 2.      Ist eine Vertragsbestimmung nach § 1 für den Verbraucher unverbindlich, bleiben die Parteien im Übrigen an den Vertrag gebunden.

§ 3.      Als nicht individuell ausgehandelt gelten diejenigen Vertragsbestimmungen, auf deren Inhalt der Verbraucher keinen konkreten Einfluss gehabt hat. Dies gilt insbesondere für Vertragsbestimmungen, die einem Vertragsmuster entstammen, das dem Verbraucher von dem Vertragspartner gestellt wird.

§ 4.      Die Beweislast dafür, dass eine Bestimmung individuell ausgehandelt worden ist, trägt derjenige, der sich darauf beruft.“

II.    Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12.      Am 28. Februar 2006 beantragten I.S. und K.S. bei einem Bevollmächtigten der Beklagten des Ausgangsverfahrens den Abschluss eines Hypothekendarlehensvertrags (in Schweizer Franken), und zwar teils um damit die Rückzahlung bestimmter Schulden aus der gewerblichen Tätigkeit eines der Ehepartner zu bestreiten, teils um den Erwerb einer Immobilie vorzubereiten.

13.      Der Gesamtbetrag der beantragten Summen belief sich auf 206 120,00 polnische Zloty (PLN), wovon 96 120,00 PLN zur Refinanzierung von Schulden eines der Kläger des Ausgangsverfahrens, 110 000,00 PLN dagegen zur Erfüllung privater Konsumbedürfnisse vorgesehen waren.

14.      Was die geschäftliche Stellung der Kläger des Ausgangsverfahrens anbelangt, so übte I.S. eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit als Gesellschafterin einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus. K.S. dagegen ging als Arbeitnehmer einer Tätigkeit als Schlosser bei einem Unternehmen nach.

15.      Am 21. März 2006 kam es zwischen I.S. und K.S. einerseits und dem im Ausgangsverfahren beklagten Kreditinstitut andererseits zum Abschluss des an den Wechselkurs in Schweizer Franken gebundenen Kreditvertrags über eine Gesamtsumme von 198 996,73 PLN zu den Bedingungen des Hauptvertrags und zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Hypothekendarlehensvertrags.

16.      Dieser Betrag hätte in 300 gleichen Raten ausgezahlt werden sollen. Die erste Rate sollte hauptsächlich zur Rückzahlung einer Summe von 70 000,00 PLN verwendet werden, die das Kreditinstitut den Klägern auf ein speziell für die Gesellschaft von I.S. eingerichtetes Konto bereitgestellt hatte, das unmittelbar nach der Rückzahlung geschlossen wurde.

17.      Nach den Ausführungen von I.S. in der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2021 hatte die Beklagte des Ausgangsverfahrens die vollständige Gewährung der genannten Summe davon abhängig gemacht, dass ein Teil der Kreditsumme zur Erfüllung einer weiteren Verbindlichkeit im Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit bei einem anderen Kreditinstitut verwendet werde.

18.      Ein Teil der ersten Rate war ferner für die Zahlung von Versicherungsgebühren vorgesehen.

19.      Die zweite Rate schließlich erstreckte sich über den Betrag von 9 720,00 PLN zur Rückzahlung eines von der Gesellschaft am 18. April 2005 aufgenommenen Kredits, von 7 400,00 PLN zur Rückzahlung des revolvierenden Kredits der Gesellschaft an den Kreditgeber, von 9 000,00 PLN zur Rückzahlung anderer Schulden des Kreditnehmers vom Konto des Kreditnehmers und von weiteren 93 880,00 PLN zur Deckung von Konsumausgaben.

20.      In der Folge erhoben die Kreditnehmer vor dem nationalen Gericht Klage gegen die Beklagte des Ausgangsverfahrens auf Feststellung der Missbräuchlichkeit bestimmter Vertragsklauseln und auf Zahlung der zu Unrecht einbehaltenen Summen.

21.      Im Rahmen des Ausgangsverfahrens hat das Kreditinstitut die Einstufung der Kläger als „Verbraucher“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 bestritten, da ein Teil der Summen zur Erfüllung von Bedürfnissen im Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit eines der beiden Kläger des Ausgangsverfahrens bestimmt gewesen sei.

22.      Unter diesen Umständen hat der Sąd Rejonowy dla Warszawy-Woli w Warszawie (Rayongericht Warszawa-Wola in Warschau, Polen) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sowie deren Erwägungsgründe dahin auszulegen, dass sie der Definition einer Person, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt und gemeinsam mit einem Kreditnehmer, der keiner solchen Tätigkeit nachgeht, einen an eine Fremdwährung gebundenen Kreditvertrag abgeschlossen hat, der teilweise für die gewerbliche oder berufliche Verwendung durch einen der Kreditnehmer bestimmt war und teilweise für Zwecke, die nicht dessen gewerblicher oder beruflicher Tätigkeit zuzurechnen waren, als „Verbraucher“ nicht entgegenstehen, und zwar nicht nur dann, wenn die gewerbliche oder berufliche Verwendung so nebensächlich ist, dass sie im Gesamtzusammenhang des betreffenden Vertrags nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt, und es nicht darauf ankommt, dass der nicht gewerbliche oder nicht berufliche Aspekt überwiegt?

2.      Für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird: Sind Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sowie deren Erwägungsgründe dahin auszulegen, dass der Begriff „Verbraucher“ in dieser Bestimmung auch eine Person umfasst, die zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübte, während der andere Kreditnehmer eine solche Tätigkeit nicht ausübte, wenn diese beiden Personen anschließend mit einer Bank einen an eine Fremdwährung gebundenen Kreditvertrag abschlossen, dessen Kapital teilweise für die gewerbliche oder berufliche Verwendung durch einen der Kreditnehmer bestimmt war und teilweise für Zwecke, die nicht der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zuzurechnen waren, und wenn die gewerbliche oder berufliche Verwendung nicht nebensächlich war und im Gesamtzusammenhang des Kreditvertrags nicht nur eine ganz untergeordnete Rolle spielte, wobei der nicht gewerbliche oder nicht berufliche Aspekt überwog, und ohne Verwendung des Kreditkapitals für einen gewerblichen oder beruflichen Zweck die Kreditvergabe für einen nicht gewerblichen oder nicht beruflichen Zweck nicht möglich gewesen wäre?

III. Rechtliche Würdigung

A.      Vorüberlegungen

23.      Die beiden Vorlagefragen sind eng miteinander verknüpft und betreffen im Wesentlichen, was die erste Frage anbelangt, die Anwendbarkeit des im Urteil Gruber(6) aufgestellten Kriteriums auf die Auslegung von Art. 1 der Richtlinie 93/13, und, was die zweite Frage anbelangt, die Modalitäten und Bedingungen, unter denen eine Person, die einen Vertrag mit einem doppelten, teilweise gewerblichen oder beruflichen, teilweise privaten Zweck abschließt, als Verbraucher im Sinne der Richtlinie 93/13 gelten kann.

24.      Zum Einstieg in die rechtliche Würdigung halte ich es für zweckmäßig, einige wesentliche Tatsachen der Rechtssache zusammenzufassen, um den zu würdigenden Sachverhalt besser einordnen zu können.

25.      Zwei Ehepartner schließen für den Erwerb eines Hauses einen Kreditvertrag ab. Einer der beiden übt eine gewerbliche Tätigkeit aus, in deren Zusammenhang er bei einem Kreditinstitut Schulden aufgenommen hat. Zum Zeitpunkt der Beantragung des Kredits für den Immobilienerwerb knüpft das Kreditinstitut die Gewährung dieses Kredits an die Bedingung, dass der von den beiden Kreditnehmern, der sich aus gewerblichen oder beruflichen Gründen verschuldet hat, diese Schulden begleicht. Die Höhe der gewährten Summe deckt etwa zu einem Drittel die vorherigen Schulden des aus gewerblichen oder beruflichen Gründen verschuldeten Kreditnehmers und zu zwei Dritteln die Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb des Hauses und anderen persönlichen Bedürfnissen der beiden Kreditnehmer ab. Mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Kreditnehmers, der sich in der Vergangenheit aus gewerblichen oder beruflichen Gründen verschuldet hatte, hat der andere Ehepartner nichts zu tun.

26.      Um die vom vorlegenden Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen zu beantworten, ist die Stellung zweier natürlicher Personen, die einen Vertrag teilweise zu privaten Konsumzwecken und teilweise zu Zwecken abgeschlossen haben, die in den Rahmen der von einem der beiden ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit fallen, nach der Richtlinie 93/13 zu beurteilen. Dabei ist der gewerbliche oder berufliche Zweck des Verbraucherkredits für den Gesamtzusammenhang des Vertrags zwar von Bedeutung, doch überwiegt er nicht. Es stellt sich daher die Frage, ob beide Personen im Hinblick auf den Schutz vor missbräuchlichen Klauseln als „Verbraucher“ gelten können.

27.      Hierzu sind im Licht des rechtlichen Rahmens und der Rechtsprechung des Gerichtshofs zwei mögliche Auslegungen denkbar.

28.      Zum einen ist an die Auslegung zu denken, die von den Klägern des Ausgangsverfahrens sowie von der polnischen Regierung und der Kommission vertreten wird, wonach die Stellung der Kläger in Anbetracht der geringen und nicht überwiegenden Bedeutung des beruflichen oder gewerblichen Zwecks im Gesamtzusammenhang des Kreditvertrags vom Begriff des Verbrauchers erfasst werde; diese Auslegung greift einen Ansatz auf, der auf den Begriff des Verbrauchers in der Richtlinie 2011/83 und in anderen späteren Rechtsakten(7) im Bereich des Verbraucherschutzes zurückgeht.

29.      Demgegenüber steht zum anderen die nur von der Beklagten des Ausgangsverfahrens vertretene Auslegung, wonach die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des von den Klägern begehrten Schutzes im vorliegenden Fall nicht erfüllt seien, da der gewerbliche oder berufliche Zweck nicht so nebensächlich sei, dass er im Gesamtzusammenhang des Kreditvertrags eine untergeordnete Rolle spiele; diese Auslegung wendet den vom Gerichtshof im Urteil Gruber(8) formulierten Ansatz entsprechend an, in dem es um die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens von 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(9) durch den Gerichtshof ging.

30.      Vor diesem Hintergrund halte ich eine kurze Erörterung des Begriffs des Verbrauchers im Unionsrecht für sinnvoll, bevor ich Vorschläge zur Beantwortung der Fragen unterbreite.

1.      Der Begriff des Verbrauchers im Unionsrecht

31.      In der Annahme, dass die Unterschiede in den Vorschriften im Rahmen der Regelung durch die einzelnen Mitgliedstaaten einer wirtschaftlichen Integration entgegenstehen, haben die europäischen Organe in den 90er Jahren Richtlinien zur Angleichung der Bestimmungen gebilligt, um dadurch einen stärkeren Schutz der Verbraucher beim Kauf von Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten(10).

32.      Bis heute gibt es im Unionsrecht keine einheitliche Definition des Begriffs des Verbrauchers. In Ermangelung einer eigenen primärrechtlichen Definition im Unionsrecht unterscheidet sich der Begriff des Verbrauchers in den sekundärrechtlichen Quellen je nach dem Ziel der betroffenen Maßnahme mehr oder weniger deutlich.

33.      Im Vertragsrecht der Union ist der Begriff des Verbrauchers tendenziell Gegenstand einer typisierenden Betrachtungsweise, in deren Zentrum die Berücksichtigung der „Schwäche“ des Verbrauchers im Verhältnis zur anderen Partei, dem Gewerbetreibenden oder Unternehmer, steht: Sowohl Informationsasymmetrien als auch die Stärke der Verhandlungsposition stellen Umstände dar, derentwegen ein Rechtsschutz geboten ist, der sich von dem der übrigen Gesellschaft gewährten Rechtsschutz unterscheidet.

34.      Das Eingreifen in die Beziehung zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern hatte zunächst bereichsspezifischen Charakter. Die Richtlinie 93/13 ist demgegenüber eine Regelung von allgemeiner Bedeutung für sämtliche Verträge zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden, mit der erstmalig ein materiell-rechtlicher Schutz in die Vertragsbeziehung zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden(11) eingeführt wurde. Vor allem die Lektüre der Erwägungsgründe 2, 5 und 6 zeigt deutlich den instrumentalen Charakter des gesetzgeberischen Eingreifens bei der Verwirklichung des Binnenmarkts: Die Regelungsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der missbräuchlichen Klauseln begründen nämlich ein Hindernis für den freien Warenverkehr zwischen verschiedenen Mitgliedstaaten und damit für die wirtschaftliche Integration.

35.      Was den Begriff des Verbrauchers anbelangt, so definiert Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 den Verbraucher als „natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann“.

36.      Dieser Begriff ist im Gegensatz zu dem Begriff des Gewerbetreibenden – im Sinne von Art. 2 Buchst. c dieser Richtlinie – zu verstehen, der als „natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist“ definiert wird.

37.      Einen entsprechenden Inhalt weisen die Begriffe des Verbrauchers und des Unternehmers in den Richtlinien 2011/83 und 2013/11(12) sowie in der Verordnung Nr. 524/2013 auf.

38.      Daran zeigt sich, dass die Unterscheidung zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem statt auf der „Eigenschaft der Vertragspartner“(13) vielmehr darauf beruht, dass der Zweck des Vertrags nichts mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Vertragspartners zu tun hat.

39.      Da der Begriff des Verbrauchers daran festgemacht wird, ob der Geschäftszweck in den Rahmen der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit fällt(14), ist das Kriterium in Bezug auf den konkreten Vertrag zu verstehen.

40.      Der vom Gerichtshof verfolgte Ansatz ist seinem Wesen nach objektiv. Wie Generalanwalt Mischo in der Rechtssache Di Pinto ausgeführt hat, werden natürliche Personen, die dem Begriff des Verbrauchers zugerechnet werden können, „nicht abstrakt, sondern konkret“(15) definiert.

41.      Der Ausschluss einer an den Absichten der Vertragspartner anknüpfenden subjektiven Sichtweise spricht folglich für eine objektive Sichtweise, die jedoch in Einklang mit der praktischen Wirksamkeit der Richtlinien und den Schutzbelangen steht, auch um das für das wirksame Funktionieren des Markts unerlässliche Vertrauen der Verbraucher(16) zu stärken.

42.      Deswegen kann auch der Gewerbetreibende, sogar der spezialisierte Rechtsanwalt im Rahmen von Verträgen über juristische Dienstleistungen(17), oder eine Person, die einer Tätigkeit als Gewerbetreibender nachgeht, den einem Verbraucher gewährten Schutz in Anspruch nehmen.

43.      Dies lässt den Schluss zu, dass die Entwicklung der Quellen des Unionsrechts und der Rechtsprechung des Gerichtshofs im Sinne eines stärkeren Schutzes des Verbrauchers stets auch gegen andere Freiheiten und letztlich das wirksame Funktionieren des Binnenmarkts abzuwägen ist, wobei sie dem Begriff des Verbrauchers jedoch genügend Spielraum belässt, um alle Fälle erfassen zu können, in denen objektiv Schutzbelange vorliegen.

44.      Die gesamte Regelung beruht nämlich auf der Annahme, dass die neuen Geschäftsmodelle aufgrund des Fehlens einer wirklichen Verhandlungsmacht und des geringeren Stands an verfügbaren Informationen zu einer unterlegenen Stellung des Verbrauchers führen, was ihn im konkreten Fall dazu zwingt, sich auf die vom Gewerbetreibenden aufgestellten Bedingungen einzulassen, ohne diese zu hinterfragen und jedenfalls ohne diese beeinflussen zu können.

2.      Der Begriff des Verbrauchers in Verträgen mit gemischtem Charakter oder mit doppeltem Zweck

45.      Verträge mit gemischtem Charakter oder mit doppeltem Zweck sind solche, die zu Zwecken abgeschlossen werden, die teilweise in den Rahmen der gewerblichen Tätigkeit einer Person fallen und teilweise privaten Zwecken dienen.

46.      Auf die Beurteilung der Stellung des Vertragspartners in Verträgen mit doppeltem Zweck ist der Gerichtshof erstmals im Urteil Gruber(18) eingegangen.

47.      In dieser Rechtssache berief sich der Kläger auf den Schutz, den das Brüsseler Übereinkommen Verbrauchern gemäß den Art. 13, 14 und 15 einräumte, d. h. auf die Möglichkeit, statt vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, Klage vor den Gerichten des Mitgliedstaats am Erfüllungsort zu erheben.

48.      Da es sich um einen Vertrag mit gemischtem Zweck handelte, hatte der Gerichtshof zu klären, ob maßgeblich auf den privaten oder auf den beruflichen oder gewerblichen Zweck des streitigen Vertrags abzustellen war.

49.      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass eine natürliche Person nur dann als Verbraucher gelten kann, wenn „der beruflich‑gewerbliche Zweck derart nebensächlich [ist], dass er im Gesamtzusammenhang des betreffenden Geschäftes nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt, wobei die Tatsache, dass der nicht beruflich-gewerbliche Zweck überwiegt, ohne Bedeutung ist“(19).

50.      Das Urteil Gruber verwendet daher im spezifischen Kontext der dem Gerichtshof gestellten prozessualen Frage, ob eine Person, die einen Vertrag mit doppeltem Zweck mit einem Gewerbetreibenden abgeschlossen hat, als Verbraucher im Sinne der Verordnung gilt, ein Kriterium, das als „Nebensächlichkeit“ bezeichnet werden könnte.

51.      Die Richtlinie 93/13 regelt den Begriff des Verbrauchers im Fall von Verträgen mit doppeltem Zweck nicht ausdrücklich.

52.      Der 17. Erwägungsgrund der Verordnung 2011/83 bestimmt hingegen, dass, wenn „der Vertrag … teilweise für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke abgeschlossen [wird] (Verträge mit doppeltem Zweck) und … der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend [ist], … diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden [sollte]“.

53.      Entsprechende Formulierungen werden im 18. Erwägungsgrund der Richtlinie 2013/11 sowie im 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 524/2013 verwendet.

54.      Die in Rede stehende Bestimmung bestätigt somit das Bestehen eines Kriteriums, das als „fehlendes Überwiegen“ bezeichnet werden könnte. Folglich könnte selbst derjenige, der teilweise im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, als Verbraucher eingestuft werden, da der gewerbliche oder berufliche Zweck, auch wenn er nicht unerheblich ist, im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht als überwiegend angesehen werden kann.

B.      Vorlagefragen

1.      Erste Vorlagefrage

55.      Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, unter welchen Voraussetzungen ein Kreditnehmer, der gemeinsam mit einem anderen, ausschließlich zu privaten Konsumzwecken handelnden Kreditnehmer einen Kreditvertrag teilweise zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken und teilweise zu privaten Konsumzwecken abgeschlossen hat, unter den Begriff des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13 fallen kann und, im Wesentlichen, was im Fall von Verträgen mit doppeltem Zweck vorzugswürdig ist, der vom Gerichtshof im Urteil Gruber formulierte Ansatz oder derjenige, der sich aus den Erwägungsgründen der Richtlinie 2011/83 und den nachfolgenden gesetzgeberischen Maßnahmen(20) ableiten lässt.

56.      Wie oben ausgeführt, ergeben sich aus der Analyse der Quellen und der Rechtsprechung zwei verschiedene Auslegungen, die mit dem Kriterium der „Nebensächlichkeit“ und dem Kriterium des gegenüber dem privaten Konsumzweck „fehlenden Überwiegens“ des gewerblichen oder beruflichen Zwecks zusammengefasst werden können.

57.      Die folgenden Gesichtspunkte sind bei der Entscheidung zugunsten einer dieser Auslegungen zu berücksichtigen: im Rahmen der ersten Vorlagefrage die unterschiedliche ratio der (verfahrensrechtlichen) Quellen, auf die sich das Urteil Gruber und die Richtlinie 93/13 sowie die nachfolgenden gesetzgeberischen Maßnahmen(21) zum (materiell-rechtlichen) Verbraucherschutz beziehen, nebst der Tragweite der jeweiligen Auslegung; die materiell-rechtliche Stellung der Parteien, die den Verbrauchervertrag schließen, und die eigentlichen Ziele der Vertragsunterzeichnung, um die praktische Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten, die insbesondere im Bereich missbräuchlicher Klauseln durch eine zu enge Auslegung ernsthaft gefährdet wäre; der enge Zusammenhang zwischen den Zielen der Richtlinie 93/13 und den nachfolgenden Rechtsakten.

58.      Die unterschiedliche ratio der im Urteil Gruber ausgelegten Quellen und der Richtlinie 93/13 besteht darin, dass die Richtlinie im Wesentlichen darauf abzielt, mittels einer symmetrischen Umgestaltung der Verhältnisse das Gleichgewicht im Rahmen der vertraglichen Beziehung zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden wiederherzustellen.(22)

59.      Die Überlegung, auf der das mit der Richtlinie geschaffene Schutzsystem beruht, besteht wie ausgeführt darin, dass der Verbraucher sich gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, und deshalb den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne den Inhalt dieser Bedingungen beeinflussen zu können(23).

60.      In Anbetracht dieser schwächeren Position bestimmt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, dass missbräuchliche Klauseln für die Verbraucher unverbindlich sind. Es handelt sich um eine zwingende Bestimmung(24), die darauf abzielt, das formale Gleichgewicht der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch ein wirkliches Gleichgewicht zu ersetzen und so die Vertragsparteien wieder einander gleichzustellen(25). Der Gerichtshof hat wiederholt bestätigt, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie als mit den im nationalen Recht zwingenden innerstaatlichen Bestimmungen gleichwertig zu betrachten ist(26). Außerdem gilt, worauf die Kommission in ihren Erklärungen(27) hinweist, diese Einordnung für alle Bestimmungen der Richtlinie, die unerlässlich sind, um das mit Art. 6 verfolgte Ziel zu erreichen(28).

61.      Der zwingende Charakter der in der Richtlinie 93/13 enthaltenen Bestimmungen und die mit ihnen verbundenen besonderen Erfordernisse des Verbraucherschutzes sprechen daher dafür, einer weiten Auslegung des Begriffs des Verbrauchers den Vorzug zu geben, um die praktische Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten.

62.      Dagegen sollen die Bestimmungen von Art. 14 des Brüsseler Übereinkommens sowie aktuell die Bestimmungen der Verordnung Nr. 44/2001(29) und der Verordnung Nr. 1215/12(30) als Ausnahme zu der allgemeinen Regel des Gerichtsstands des Beklagten, wonach Personen, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats verklagt werden, den Verbraucher in prozessualer Hinsicht schützen. Diese Bestimmungen haben keinen allgemeinen Verbraucherschutz eingeführt, sondern nur die Arten von Verbraucherverträgen festgelegt, die nach den Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit einem besonderen Schutz unterliegen. Der Gerichtshof hat nämlich im Urteil Gruber festgestellt, dass „die Vermeidung der Häufung von Gerichtsständen in Bezug auf ein und dasselbe Rechtsverhältnis eines der wesentlichen Ziele des Brüsseler Übereinkommens darstellt“(31).

63.      Das Urteil Gruber betraf folglich die Auslegung der Vorschriften über die Zuständigkeit für Verbrauchersachen, mit denen eine Ausnahme zu der allgemeinen Regel eingeführt wurde, wonach die Gerichte des Wohnsitzstaats des Beklagten zuständig sind. In Rede stand daher ein anderes Gebiet als das des materiell-rechtlichen Verbraucherschutzes, da es im Urteil Gruber um Prozessrecht ging. Zudem ist, wie von der Kommission zu Recht vorgetragen wurde(32), die in diesem Urteil vorgeschlagene enge Auslegung des Begriffs des Verbrauchers dem Umstand geschuldet, dass diese Bestimmung eine grundsätzliche Ausnahme zur Vorschrift über die Zuständigkeit darstellt(33). Da es sich um eine Ausnahme handelt, kann diese nur eng ausgelegt werden(34).

64.      In die ratio der Bestimmungen der in Rede stehenden Verordnungen fließen Erwägungen ein, die über die des Schutzes der schwächeren Partei hinausgehen, um den Verbraucherschutz und weitere, ebenfalls schutzwürdige Erfordernisse in Einklang zu bringen, nämlich der Berechenbarkeit des anwendbaren Rechts und der Rechtssicherheit(35), um die Wahl des Gerichtsstands der Verfügungsgewalt der Parteien, die sich im Rahmen von grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen zulasten der Rechtssicherheit auswirken würde(36), zu entziehen. Zudem reicht das Ungleichgewicht der Verhandlungsmacht im Verhältnis zwischen Gewerbetreibendem und Verbraucher im Rahmen der Systematik der Verordnung Nr. 1215/12 nicht aus, um die Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsregel zu rechtfertigen; zusätzlich ist erforderlich, dass der Verbraucher eine bestimmte Art von Vertrag abgeschlossen hat.

65.      Aus dem zwingenden Charakter der Bestimmungen der Richtlinie 93/13 und dem sich daraus ergebenden Bedürfnis eines besonderen Schutzes des Verbrauchers bei missbräuchlichen Klauseln ergibt sich die Notwendigkeit, die materiell-rechtliche Stellung der Parteien, die den Verbrauchervertrag abschließen, und die eigentlichen Ziele der Vertragsunterzeichnung aufmerksam zu prüfen.

66.      Damit die Richtlinie nicht ihre praktische Wirksamkeit einbüßt, ist der Begriff des Verbrauchers in Verträgen mit doppeltem Zweck so weit wie möglich auszulegen, um so zu verhindern, dass der Gewerbetreibende mühelos die Anwendung der zwingenden Bestimmungen über missbräuchliche Klauseln umgehen kann, indem er nur das gleichzeitige Bestehen von in weiterem Sinne gewerblichen oder beruflichen Zwecken im Finanzierungsantrag geltend macht(37).

67.      Der vorliegende Fall illustriert beispielhaft ein derartiges Risiko: Aus den Akten geht hervor, dass die Antragsteller auf Finanzierung in deutlich überwiegendem Maße (wenn nicht sogar ausschließlich) den Erwerb eines Eigenheims bezweckten, wobei nur einer der beiden Antragsteller einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit nachging, und das Finanzinstitut die Gewährung der Finanzierung für die oben angeführten persönlichen Anliegen von der Tilgung vorheriger Schulden aus der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit eines der Antragsteller abhängig gemacht hat. Der Betrag für die Tilgung der Schulden aus der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit belief sich in etwa auf ein Drittel des Gesamtbetrags der Finanzierung.

68.      Wie die polnische Regierung zu Recht argumentiert hat, wurde „[d]ie Richtlinie 93/13/EWG … gerade erlassen, um die Verbraucher vor einem solchen Verhalten zu schützen, nämlich Bedingungen aufzuerlegen, auf die sie keinerlei Einfluss haben und die daher ihre Rechte und Interessen beeinträchtigen. Einem Verbraucher darf daher der Schutz der Richtlinie 93/13 nicht allein deshalb entzogen werden, weil ein Gewerbetreibender ihm in einem nicht gewerblichen Vertrag eine Klausel auferlegt hat, die sich auf seine geschäftliche Tätigkeit bezieht“(38).

69.      In diesem Punkt würde, wie die Kläger des Ausgangsverfahrens ausgeführt haben(39), ein Aufgreifen der Auslegung des Gerichtshofs in der Rechtssache Gruber dazu führen, dass demjenigen, der sich auf seine Verbrauchereigenschaft beruft, entgegen dem System der Richtlinie 93/13, in dem die Feststellung der Verbrauchereigenschaft desjenigen, der den Schutz gegen missbräuchliche Klauseln in Anspruch nimmt, vom nationalen Gericht von Amts wegen getroffen wird(40), die Beweislast für die seinen Anspruch begründenden Tatsachen obliegen würde(41).

70.      Würdigt man die Ziele der in der Richtlinie 93/13 enthaltenen Regelung, so ist deren enge Verknüpfung mit denen der nachfolgenden Richtlinien(42) unverkennbar, was für eine einheitliche und weite Auslegung des Begriffs des Verbrauchers spricht.

71.      Im Bereich des Schutzes bei Verträgen mit Unternehmern verfolgt die Richtlinie 2011/83 nämlich das gleiche Ziel wie die Richtlinie 93/13(43), und der in Art. 2 der Richtlinie 2011/83 enthaltene Begriff des Verbrauchers ist in beiden Quellen nahezu identisch. Dieselben Erwägungen zum Begriff des Verbrauchers treffen ferner auf die Richtlinie 2013/11 und die Verordnung Nr. 524/2013 zu.

72.      Die Verbindung zwischen dieser Regelung und der Richtlinie 93/13 ist dadurch umso offensichtlicher, dass die Richtlinie 2011/83 die Richtlinie 93/13 durch Einfügung von Art. 8a geändert hat. Dass die beiden in der Regel gleichzeitig auf denselben Vertrag angewendet werden können, ist kein Zufall(44). Die Verbindung zwischen den beiden Richtlinien wurde kürzlich vom Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der Richtlinie 2019/2161(45) zur Änderung der Richtlinie 93/13 und der Richtlinie 2011/83 im Hinblick auf eine bessere Anwendung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften verstärkt.

73.      Ich teile daher die Ansicht der Kommission, wonach „eine systematische Auslegung des Begriffs ‚Verbraucher‘ dafür spricht, dass der Begriff im Sinne der Richtlinie 93/13 und in anderen Instrumenten des Verbraucherschutzrechts der EU, insbesondere der Richtlinie 2011/83, der [Richtlinie 2013/11] und der [Verordnung Nr. 524/2013], die gleiche Bedeutung hat. Die Erläuterungen in den Erwägungsgründen dieser Instrumente sollten auf der Grundlage der Richtlinie 93/13/EWG angewandt werden, da diese Rechtsakte funktional mit der Richtlinie zusammenhängen und mit dem Ziel erlassen wurden, den Verbraucher als die schwächere Partei des Vertrags mit dem Verkäufer zu schützen.“(46)

74.      In Anbetracht der bisherigen Ausführungen zu den Verbindungen zwischen der Richtlinie 93/13 und der Richtlinie 2011/83 (sowie den nachfolgenden Rechtsakten) kann das Vorbringen des Beklagten gegen eine weite Auslegung des Begriffs des Verbrauchers, die mit der Auslegung in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2011/83 und den nachfolgenden Rechtsakten im Einklang steht, meines Erachtens zurückgewiesen werden. Das Vorbringen konzentriert sich insbesondere auf den unterschiedlichen Anwendungsbereich der Richtlinien 93/13 und 2011/83 sowie auf den Umstand, dass der in der Richtlinie 2011/83 enthaltene Begriff des Verbrauchers im Fall eines Vertrags mit doppeltem Zweck im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da diese Richtlinie nach dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens erlassen wurde.

75.      Zum unterschiedlichen Anwendungsbereich der Richtlinien weise ich in Ergänzung der vorstehenden Ausführungen lediglich darauf hin, dass die Begriffsbestimmung von Verträgen mit doppeltem Zweck nicht Bestandteil der detaillierten Regelung, sondern der Erwägungsgründe ist, deren Bedeutung bekanntermaßen darin besteht, Auslegungsansätze aufzuzeigen, ohne bindende Wirkung zu entfalten.

76.      Was die Erwägungen zum zeitlich anwendbaren Recht betrifft, so handelt es sich nicht um eine Anwendung von Richtlinienvorschriften, die im Nachgang zu einem bereits bestehenden Sachverhalt ergangen sind, sondern lediglich um eine teleologische Auslegung, die bereits zum Zeitpunkt, zu dem nur die Richtlinie 93/13 galt, vorzugswürdig war und vom Unionsgesetzgeber in den nachfolgenden Maßnahmen deutlich zum Ausdruck gebracht wurde.

77.      Insoweit greife ich die von Generalanwalt Villalón angestellten Erwägungen wieder auf, wonach aus den vorbereitenden Arbeiten(47) zur Richtlinie 2011/83 hervorgeht, dass der 17. Erwägungsgrund einen Kompromiss in den Verhandlungen zwischen den europäischen Organen über die Zweckmäßigkeit darstellt, den Begriff des Verbrauchers in Verträgen mit doppeltem Zweck im Einklang mit dem sogenannten Kriterium des überwiegenden Zwecks auszulegen(48). Auch die vorbereitenden Arbeiten zur Richtlinie 2011/83 bestätigen, dass sich die Reichweite des 17. Erwägungsgrunds nicht nur speziell auf die Richtlinie 2011/83 beziehen kann.

78.      Vor diesem Hintergrund bin ich der Ansicht, dass eine Auslegung vorzunehmen ist, die der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie, dem System, in das sie sich einfügt, sowie der ihr zukommenden Funktion Rechnung trägt, und folglich eine möglichst weite Auslegung des Begriffs des Verbrauchers zu wählen ist, um eine Person, die einen Vertrag mit doppeltem Zweck im Sinne der oben angeführten Erwägungsgründe der Richtlinie 2011/83, der Richtlinie 2013/11 und der Verordnung Nr. 524/2013 abschließt, als Verbraucher einzustufen.

2.      Zweite Vorlagefrage

79.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage ersucht das vorlegende Gericht(49) den Gerichtshof, wenn ich die nicht sehr klare Formulierung richtig verstehe, im Wesentlichen die Kriterien zu präzisieren, anhand deren festgestellt werden kann, dass der gewerbliche oder berufliche Zweck, für den einer der Kreditnehmer den Kreditvertrag abgeschlossen hat, nicht überwiegend war und nur eine geringe Bedeutung hatte. Zwischen beiden Fragen besteht eine gewisse Schnittmenge, da bestimmte Gesichtspunkte, die dazu veranlassen, der oben vorgeschlagenen Auslegung des Begriffs des Verbrauchers in Verträgen mit doppeltem Zweck den Vorzug zu geben, zugleich als Kriterien bei der Beurteilung eine Rolle spielen, ob im Finanzierungsantrag der private Zweck gegenüber dem gewerblichen oder beruflichen Zweck überwiegt.

80.      Ob sich der konkrete Fall unter den oben hergeleiteten Begriff des Verbrauchers subsumieren lässt, bleibt jedenfalls einer Prüfung durch das nationale Gericht vorbehalten, das „unter Berücksichtigung aller Beweise und insbesondere des Wortlauts des Vertrags die Frage zu prüfen [hat], ob der Kreditnehmer als Verbraucher im Sinne dieser Richtlinie eingestuft werden kann“(50).

81.      In diesem Sinne hat das nationale Gericht eine qualitative und quantitative Prüfung aller für die Entscheidung des konkreten Falles nützlichen Gesichtspunkte durchzuführen und unter besonderer Berücksichtigung der Art der Ware oder Dienstleistung, die Gegenstand des betreffenden Vertrags ist, eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, die belegen können, zu welchem Zweck die Ware oder Dienstleistung erworben wird(51).

82.      Unter diesen Umständen können einige besondere Umstände des vorliegenden Falles, wie es das nationale Gericht vorschlägt, die Rolle von allgemeinen Kriterien bei der Beurteilung übernehmen, ob im Fall eines Vertrags mit doppeltem Zweck das Erfordernis des „fehlenden Überwiegens“ des gewerblichen oder beruflichen Zwecks gegenüber dem privaten Zweck erfüllt ist.

83.      Dass der Kreditnehmer, wenn auch im Rahmen eines gemischten Vertrags, den Kreditvertrag gemeinsam mit einem weiteren Vertragspartner abgeschlossen hat, der ausschließlich wegen privater Konsumbedürfnisse gehandelt hat, ist erheblich und kann ebenfalls als Kriterium dienen, um im Gesamtzusammenhang des Vertrags über das „Überwiegen“ des beruflichen Zwecks zu entscheiden.

84.      Der teilweise Gleichlauf mit einem beruflichen oder gewerblichen Zweck darf nämlich nicht dazu führen, dass ein Kreditnehmer, der „bloß“ Verbraucher ist, seine Rechtsstellung einbüßt. Den Akten lässt sich entnehmen, dass die Kreditnehmer, so wie die Vertragsurkunde vorbereitet und vereinbart wurde, ein einheitliches Kreditgeschäft abgeschlossen haben. Würde wegen des teilweisen Gleichlaufs mit einem gewerblichen oder beruflichen Zweck einem der beiden Antragsteller die Verbrauchereigenschaft nicht zuerkannt werden, hätte dies zur Folge, dass auch dem Kreditnehmer, der „bloß“ Verbraucher ist, der Schutz verwehrt bliebe. Das Kreditinstitut hätte sehr wohl die Möglichkeit gehabt, den Kreditnehmern zwei getrennte Geschäfte vorzuschlagen, damit sich die Zwecke nicht überschneiden.

85.      Unerheblich(52) ist auch der Umstand, dass die beklagte Bank die Kreditgewährung von der Erfüllung (mit einem Teil des beantragten Betrags) einer weiteren, aus der eigenen gewerblichen Tätigkeit stammenden Verbindlichkeit abhängig gemacht hat. Das Vorliegen dieses Umstands kann die Rolle eines Unterscheidungskriteriums bei der Prüfung des „fehlenden Überwiegens“ des gewerblichen oder beruflichen Zwecks spielen, wenn sich der gewerbliche oder berufliche Zweck in den konkreten Verhandlungen als bloß vom Gewerbetreibenden „erzwungen“ darstellen würde(53).

86.      Zweifellos bedeutsam ist ferner der quantitative Aspekt, d. h. das Verhältnis zwischen der für einen gewerblichen oder beruflichen Zweck und der für einen privaten Zweck gewährten Summe. Im vorliegenden Fall scheint mir das Verhältnis von 1 zu 3 gemeinsam mit den anderen Faktoren, wenn sie nachgewiesen sind, auf ein „fehlendes Überwiegen“ des gewerblichen oder beruflichen Zwecks hinzudeuten.

3.      Zur zeitlichen Beschränkung der Wirkungen des Urteils des Gerichtshofs

87.      Schließlich beantragt die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Wirkungen des Urteils für den Fall zu beschränken, dass eine enge Auslegung des Begriffs „Verbraucher“ in Art. 2 Buchst. b der Richtlinie nicht bestätigt wird.

88.      Insoweit weise ich darauf hin, „dass der Gerichtshof … nur ganz ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit beschränken kann, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen. Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen“(54).

89.      Die Beklagte des Ausgangsverfahrens macht jedoch keine genauen und zuverlässigen Angaben, um nachzuweisen, dass die beiden eben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Sie beschränkt sich nämlich darauf, allgemein auf Umstände hinzuweisen, die das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht bekräftigen können.

90.      Aus diesem Grund bin ich der Ansicht, dass der Antrag zurückzuweisen ist.

IV.    Ergebnis

91.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Sąd Rejonowy dla Warszawy-Woli w Warszawie (Rayongericht Warszawa-Wola in Warschau, Polen) wie folgt zu beantworten:

Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sowie deren Erwägungsgründe

sind dahin auszulegen, dass

sie der Definition einer Person, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt und gemeinsam mit einem Kreditnehmer, der keiner solchen Tätigkeit nachgeht, einen an eine Fremdwährung gebundenen Kreditvertrag abgeschlossen hat, der teilweise für die gewerbliche oder berufliche Verwendung durch einen der Kreditnehmer bestimmt war und teilweise für Zwecke, die nicht dessen gewerblicher oder beruflicher Tätigkeit zuzurechnen waren, als „Verbraucher“ nicht entgegenstehen, und zwar nicht nur dann, wenn die gewerbliche oder berufliche Verwendung so nebensächlich ist, dass sie im Gesamtzusammenhang des betreffenden Vertrags nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt. In Anbetracht der Auslegungskriterien, die der 17. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 anbietet, ist es bei Verträgen mit doppeltem Zweck ausreichend, dass der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegt.

Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sowie deren Erwägungsgründe

sind dahin auszulegen, dass

die Frage, ob der gewerbliche oder berufliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags überwiegt, vom nationalen Gericht, das eine umfassende Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorzunehmen hat, zu entscheiden ist. Hierzu kann das nationale Gericht im Fall eines an ein Kreditinstitut gerichteten Kreditantrags folgende Kriterien bei seiner Würdigung berücksichtigen: das Verhältnis zwischen der für einen beruflichen oder gewerblichen Zweck und der für einen privaten Zweck gewährten Summe, den Umstand, dass der Kreditvertrag gemeinsam mit einer Person beantragt wurde, die keiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit nachging und nichts mit der gewerblichen Tätigkeit des anderen Antragstellers zu tun hatte, sowie die etwaige Verknüpfung der Kreditgewährung zu privaten Zwecken mit der Bedingung einer unmittelbar darauffolgenden Bezahlung von zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken aufgenommenen Schulden durch einen der beiden Antragsteller.


1      Originalsprache: Italienisch.


2      Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29), im Folgenden: Richtlinie 93/13.


3      Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64), im Folgenden: Richtlinie 2011/83.


4      Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) (ABl. 2013, L 165, S. 63), im Folgenden: Richtlinie 2013/11.


5      Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) (ABl. 2013, L 165, S. 1), im Folgenden: Verordnung Nr. 524/2013.


6      Vgl. Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32).


7      Insbesondere die Richtlinie 2013/11 und die Verordnung Nr. 524/2013.


8      Vgl. Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32).


9      Übereinkommen von 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1998, C 27, S. 1 bis 33), im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen.


10      Cassano, G., Dona, M., Torino, R. (Hrsg.), Il diritto dei consumatori, Giuffré, Mailand 2021, S. 14.


11      Caringella, F., Il lungo viaggio verso la tutela del consumatore quale contraente per definizione debole, in: Caringella, F., De Marzo, G. (Hrsg.), I contratti dei consumatori, Utet Giuridica, Torino 2007, S. 1 bis 51.


12      Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. 2013, L 165, S. 63 bis 79), im Folgenden: Richtlinie 2013/11.


13      Vgl. Urteil vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 30), vom 15. Januar 2015, Šiba (C‑537/13, EU:C:2015:14, Rn. 21), und vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 17).


14      Vgl. Urteil vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 30).


15      Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der Rechtssache Di Pinto (C‑361/89, nicht veröffentlicht, EU:C:1990:462, Nr. 19).


16      Das Vertragsrecht der Europäischen Union konzentriert sich u. a. auf das Ziel der Stärkung des Vertrauens der Verbraucher in den Binnenmarkt, was dadurch bestätigt wird, dass die einschlägigen bereichsspezifischen Regelungen überwiegend auf der Rechtsgrundlage für die Verwirklichung des Binnenmarkts (jetzt Art. 114 AEUV) erlassen wurden. In diesem Zusammenhang gilt der Verbraucher als durchschnittlich rationaler Wirtschaftsteilnehmer, dessen Interessen nicht nur im Hinblick auf, sondern auch durch ein reibungsloses Funktionieren des Markts, der Begründung für den Verbraucherschutz im Unionsrecht, geschützt werden, vgl. Mengozzi, P., Il principio personalista nel diritto dell’Unione europea, Padua 2010, insbesondere S. 60 bis 98.


17      Vgl. Urteile vom 15. Januar 2015, Šiba (C‑537/13, EU:C:2015:14, Rn. 23 und 24), und vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 24).


18      Vgl. Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32).


19      Vgl. Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 54). Der gleiche Standpunkt ist in jüngerer Zeit vom Gerichtshof in den Urteilen vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 32), und vom 14. Februar 2019, Milivojević (C‑630/17, EU:C:2019:123, Rn. 91) vertreten worden.


20      Insbesondere die Richtlinie 2013/11 und die Verordnung Nr. 524/2013.


21      Insbesondere die Richtlinie 2013/11 und die Verordnung Nr. 524/2013.


22      Vgl. Urteile vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 31), vom 15. Januar 2015, Šiba (C‑537/13, EU:C:2015:14, Rn. 22), und vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 19).


23      Vgl. Urteile vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 31), vom 15. Januar 2015, Šiba (C‑537/13, EU:C:2015:14, Rn. 22), und vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 19).


24      Vgl. Urteile vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C‑168/05, EU:C:2006:675, Rn. 36), vom 6. Oktober 2009, Asturcom Telecomunicaciones (C‑40/08, EU:C:2009:615, Rn. 30), vom 9. November 2010, VB Pénzügyi Lízing (C‑137/08, EU:C:2010:659, Rn. 47), vom 15. März 2012, Pereničová und Perenič (C‑453/10, EU:C:2012:144, Rn. 28), vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 40), vom 17. Juli 2014, Sánchez Morcillo und Abril García (C‑169/14, EU:C:2014:2099, Rn. 23), und vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 19).


25      Urteil vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 19).


26      Vgl. Urteil vom 6. Oktober 2009, Asturcom Telecomunicaciones (C‑40/08, EU:C:2009:615, Rn. 52), Beschluss vom 16. November 2010, Pohotovosť (C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 50), und Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a. (C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 54).


27      Erklärungen der Europäischen Kommission, Rn. 29.


28      Urteil vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 44).


29      Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1 bis 23), im Folgenden: Verordnung Nr. 44/2001.


30      Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1 bis 32), im Folgenden: Verordnung Nr. 1215/12.


31      Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 43 und 44).


32      Erklärungen der Kommission, Rn. 23.


33      Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 43).


34      Vgl. Urteile vom 21. Juni 1978, Bertrand (150/77, EU:C:1978:137, Rn. 17 und 18), vom 19. Januar 1993, Shearson Lehman Hutton (C‑89/91, EU:C:1993:15, Rn. 14 bis 16), vom 3. Juli 1997, Benincasa (C‑269/95, EU:C:1997:337, Rn. 13), vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, EU:C:2002:99, Rn. 26 und 27 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 43 und 44), vom 25. Januar 2018, Schrems (C‑498/16, EU:C:2018:37, Rn. 37), vom 14. Februar 2019, Milivojević (C‑630/17, EU:C:2019:123, Rn. 21), und vom 28. Januar 2015, Kolassa (C‑375/13, EU:C:2015:37, Rn. 23).


35      „Die Auslegung, nach der die Verbrauchereigenschaft im Sinne des Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ verneint wird, wenn der Gegenstand oder die Dienstleistung einem Zweck dient, der einen nicht ganz untergeordneten Zusammenhang mit der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Betroffenen aufweist, entspricht auch am ehesten den Erfordernissen der Rechtssicherheit und der Vorhersehbarkeit des zuständigen Gerichts durch einen zukünftigen Beklagten, die die Grundlage des Brüsseler Übereinkommens bilden …“, vgl. Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 45).


36      Vgl. in diesem Sinne auch die Erklärungen der polnischen Regierung, Rn. 27, S. 9.


37      Vgl. in diesem Sinne die Erklärungen der polnischen Regierung, Rn. 30.


38      Erklärungen der polnischen Regierung, Rn. 30. Klammerzusatz nur hier.


39      Erklärungen der Kläger, S. 7.


40      Vgl. Tenor des Urteils vom 4. Juni 2015, Faber (C‑497/13, EU:C:2015:357).


41      Vgl. Urteil vom 20. Januar 2005, Gruber (C‑464/01, EU:C:2005:32, Rn. 46).


42      Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Costea (C‑110/14, EU:C:2015:271, Nr. 44).


43      Vgl. Beschluss vom 15. April 2021, MiGame (C‑594/20, EU:C:2021:309, Rn. 28).


44      Unter der Bedingung, dass es sich um einen Vertrag handelt, der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2011/83 fällt.


45      Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (ABl. 2019, L 328, S. 7).


46      Erklärungen der Kommission, Rn. 22.


47      Ratsdokument 10481/11 vom 20. Mai 2011, S. 3, und Ratsdokument 11218/11 vom 8. Juni 2011, S. 5.


48      Während der Verhandlungen über diese Richtlinie legte das Europäische Parlament einen Änderungsvorschlag vor, der ausdrücklich vorsah, die Bestimmung des Begriffs „Verbraucher“ auf „jede natürliche Person“ zu erweitern, „die … zu Zwecken handelt, die im Wesentlichen außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen“. Während der nachfolgenden Verhandlungen entschied sich das Europäische Parlament zur Beibehaltung der Begriffsbestimmung des Verbrauchers unter Streichung des Adverbs „im Wesentlichen“, jedoch unter der Bedingung, dass in dem Erwägungsgrund, der den Begriff des Verbrauchers verdeutlichen sollte und der ursprünglich auf dem Urteil Gruber beruhte, das Wort „nebensächlich“ durch das Wort „überwiegend“ ersetzt wurde, vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Costea (C‑110/14, EU:C:2015:271, Nr. 42).


49      Vgl. in diesem Sinne auch die Erklärungen der Kommission, Rn. 32.


50      Vgl. Urteil vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 22).


51      Vgl. Urteil vom 3. September 2015, Costea (C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 23).


52      Vgl. auch die Erklärungen der polnischen Regierung, Rn. 29.


53      Vgl. Rn. 35 der Erklärungen der Kommission, wonach sich „[d]ie Relevanz der Absicht einer bestimmten Person im Rahmen eines konkreten Geschäfts für die Beurteilung, ob diese Person als Verbraucher angesehen werden kann, … auch aus den Erwägungen des Gerichtshofs in der Rechtssache Kamenova [ergibt]“ (Urteil vom 4. Oktober 2018, Kamenova [C‑105/17, EU:C:2018:808, Rn. 38]).


54      Vgl. Urteil vom 11. November 2020, DenizBank (C‑287/19, EU:C:2020:897, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).