OLG Düsseldorf: "Nicht für Fernabsatzgeschäfte"-Belehrung ist unwirksam

Das OLG Düsseldorf hat in einer aktuellen Entscheidung vom 13.05.2016 (Az.: I-17 U 182/15) die von vielen Sparkassen im Bundesgebiet häufig verwendete Widerrufsbelehrung mit der Fußnote "Nicht für Fernabsatzgeschäfte" als unwirksam angesehen. Unsere Kanzlei vertritt viele Anleger wegen ebendieser Belehrung. 

Das OLG Düsseldorf führte in dem zitierten Urteil u.a. aus:

 

"Der Darlehensvertrag ist durch die als Widerruf auszulegende Erklärung des Klägers vom 01.12.2014 nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 S. 1, 357 Abs. 1 S. 1, 346 Abs. 1 BGB a. F. in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden. Die zweiwöchige Widerrufsfrist hat 2008, im Jahr des Abschlusses des Darlehensvertrags, nicht zu laufen begonnen. Nach § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist. Dabei erfordert der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Erklärung (BGH, Urteil vom 10.03.2009, XI ZR 33/08, Tz. 14). Diesen Anforderungen genügt die Widerrufsbelehrung schon deshalb nicht, weil die an die Überschrift der Belehrung angehängte Fußnote 1 den Verbraucher darüber im Unklaren lässt, ob ein Fernabsatzgeschäft vorliegt und deshalb die Widerrufsbelehrung nicht einschlägig ist. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Fußnote nicht an den Verbraucher, sondern an ihre Sachbearbeiter richte, die ihrerseits zu prüfen hätten, ob ein Fernabsatzgeschäft vorliegt. Denn für den Verbraucher ist aus dem Text der Fußnote nicht erkennbar, dass diese sich nicht an ihn richtet. Bei einer Fußnote handelt es sich um eine durch eine hochgestellte Ziffer o. Ä. auf eine Textstelle bezogene Anmerkung am unteren Rand einer Seite, die typischerweise textbezogene Anmerkungen, Ergänzungen, Erläuterungen oder Zusätze enthält, die bei einer anderen formalen Gestaltung ebenso gut in den Text hätten integriert werden können. Mit Hilfe der Technik der Fußnote wird deren sachlicher Inhalt zum Bestandteil des Textes, auch wenn sich die Fußnote am unteren Seitenrand oder -etwa als „Endnote“ - erst am Ende eines mehrseitigen Textes findet. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung war daher geeignet, beim Kläger den Eindruck hervorzurufen, eine (von ihm vorzunehmende) Prüfung seines Einzelfalls könnte zum Ergebnis eines Fernabsatzgeschäfts führen (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 11.11.2015, 14 U 2439/14, Tz. 31; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.01.2016, I-6 U 296/14; jeweils zum Fall einer auf die Bestimmung der Widerrufsfrist bezogenen Fußnote).

 

Es kann auch nicht angenommen werden, dass es dem Kläger ohne weiteres möglich war, die Fußnote 1 als für seinen Fall nicht einschlägig unbeachtet zu lassen, weil er ohne weiteres hätte erkennen können, dass es sich bei seinem Vertrag nicht um ein Fernabsatzgeschäft handelte. Der Begriff des Fernabsatzgeschäfts ist kein in der Alltagssprache unter juristischen Laien gebräuchlicher Begriff, sondern es handelt sich um einen juristischen Fachbegriff, dessen Bedeutung ohne weitere Erklärungen einem Laien nicht geläufig sein dürfte.

 

Soweit das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung dem Oberlandesgericht München (Beschluss vom 20.04.2015,17 U 709/15, Tz. 4; Urteil vom 09.11.2015, 19 U 4833/14, Tz. 47) folgend darauf abstellt, dass durch die Angabe des Namens des Klägers mit voller Adresse und des Datums des Darlehensvertrags eine Konkretisierung erfolge, die einem unbefangenen, durchschnittlichen Kunden unmissverständlich deutlich mache, dass die Belehrung für seinen Vertrag einschlägig sei, ohne dass er eine weitere Prüfung vornehmen müsse, vermag sich der Senat dieser Sichtweise nicht anzuschließen. Da eine Fußnote - wie bereits dargestellt - regelmäßig Teil des Textes ist und ein gewissenhafter Leser der Belehrung deren Inhalt auch wahrnehmen wird, ist für ihn nicht zu erwarten, dass sich dieser Inhalt an einen Mitarbeiter der Beklagten richtet. Die Fußnote ist an die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ angehängt, die sich eindeutig an den Darlehensnehmer wendet. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Fußnote 2 einen Ausfüllhinweis für das Belehrungsformular enthält und sich somit erkennbar an einen Mitarbeiter der Beklagten wendet. Die beiden Fußnoten stehen räumlich am Ende des Textes zwar nebeneinander. Im Übrigen verbindet sie allerdings nichts, das dem Kläger deutlich machte, dass auch Fußnote 1 sich nicht an ihn richtet.

 

Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoVO in der Fassung vom 05.08.2002 kann sich die Beklagte nicht berufen. Denn die Fußnote 1 bedeutet eine inhaltliche Bearbeitung der Musterwiderrufsbelehrung. Unabhängig vom Umfang der Abweichung bei einer textlichen Bearbeitung durch den Darlehensgeber entfällt damit die Gesetzlichkeitsfiktion (BGH, ZIP 2011, 1858 ff., Tz. 36-39).