Die Widerrufsbelehrungen der Sparkassen

Jedes Kreditinstitut hat seine Widerrufsbelehrungen seit 2002 immer wieder geändert. Bei den nachfolgenden aufgeführten Belehrungen handelt es sich um einige ausgewählte Exemplare, die unserer Kanzlei in den letzten Monaten zur Prüfung vorgelegt wurden. Sämtliche Belehrungen hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Dies bedeutet nicht, dass die anderen Belehrungen fehlerfrei sind. Denken Sie daran: Laut einer Studie der Verbraucherzentrale Hamburg erfüllen sage und schreibe rund 80 %  der Widerrufsbelehrungen die von den Gerichten formulierten Vorgaben nicht.

2008 verwende Widerrufsbelehrung

Viele Sparkassen - z.B. die Sparkasse Nürnberg, Sparkasse Erlangen, Sparkasse Fürth und die Sparkasse Neumarkt-Parsberg - haben in der Vergangenheit folgende Widerrufsbelehrung benutzt:

 

"Widerrufsbelehrung zu1 zum Darlehensvertrag Nr. XXXX über XXXX,-- €

 

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2 ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist […]“.

 

Unten im Formular werden zwei Fußnoten abgedruckt:

1 Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom …

 2 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“

 

 

Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz:

 

Bereits zwei Oberlandesgerichte, nämlich das Oberlandesgericht München und das Oberlandesgericht Brandenburg haben in jüngster Zeit Widerrufe von Verbrauchern aufgrund dieser Widerrufsbelehrung als erfolgreich angesehen.

 

So hat das OLG München ausgeführt:

 

„Eine solche Fußnote ist in der BGH-InfoVO ebenfalls nicht vorgesehen. Soweit die Klägerin dazu meint, diese Fußnote richte sich offensichtlich an ihre Mitarbeiter, die nach Prüfung die jeweils einschlägige Frist einsetzen sollten, erklärt das nicht, warum die Fußnote dann in der Ausfertigung für den Beklagten verblieben ist. Eine solche Fußnote kann beim Verbraucher ganz offensichtlich zu weiteren Unklarheiten hinsichtlich des Fristbeginns führen, weil sie die Fehlvorstellung wecken könnte, dass der Verbraucher selbst die Frist im Einzelfall noch prüfen solle.“

 

In der mündlichen Verhandlung am 05.10.2015 hat nun auch das OLG Nürnberg deutlich gemacht, dass die Widerrufsbelehrung der Sparkasse unwirksam ist und damit die Entscheidung der 6, Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az. 6 O 2273/14) gestützt. Dieses hatte u. a. wie folgt ausgeführt:

 

"Unzureichend war die Belehrung jedenfalls hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist. Wie der BGH bereits mehrfach entschieden hat, ermöglicht es die Verwendung des Wortes "frühestens" dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen. Er vermag lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnen, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch im Unklaren gelassen, welche – etwaigen – weiteren Umstände dies sind (BGH NZG 2012, 427, juris Tz. 15 m.w.N.; BGH WM 2011, 1799, juris Tz. 35 m.w.N.).

 

Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-​InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-​InfoV in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Finanzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 02.12.2004 (BGBl. I S. 2302) ist der Beklagten verwehrt, weil sie gegenüber dem Kläger kein Formular verwendet hat, das diesem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und Abs. 3 BGB-​InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht vollständig entspricht."

 

Das Oberlandesgericht Nürnberg (Az.: 14 U 2439/14) hat mit Urteil vom 11.11.2015 die Widerrufsbelehrung der Sparkasse ebenfalls gekippt! Eine ausführliche Urteilswiedergabe finden Sie in unserem Blog.

2009 und 2010 verwendete Widerrufsbelehrung

Die Sparkasse Nürnberg sowie andere Sparkassen-Institute haben 2009 und 2010 ferner folgende Widerrufsbelehrung verwendet:

 

"Widerrufsbelehrung1 

 

Verbraucher

Max Mustermann

Musterstr. 123

90402 Nürnberg


Widerufsbelehrung zu2 o.g. Vertrag vom XX.XX.2009

 

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen                     ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht, bevor Ihnen auch eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt worden ist. Zur Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

 

Der Widerruf ist zu richten an:

(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse):

 

Sparkasse Nürnberg, Lorenzer Platz, 90327 Nürnberg

[...]

 

Unten im Formular werden zwei Fußnoten abgedruckt:

1 Nicht für Fernabsatzgeschäfte

2 Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom …“

 

 

Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz:

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Urteil vom 13.10.2015 (Az.: 6 O 7471/14) diese häufig von Sparkassen verwendete Widerrufsbelehrung gekippt. Unsere Kanzlei hat bereits seit Monaten darauf hingewiesen, dass auch die obige Belehrung nicht den Anforderungen des Bundesgerichtshofs entspricht.

Aktuelle Entscheidungen zu Sparkassen-Belehrungen

Warnhinweise bei Phishing-Angriff missachtet?

Das Landgericht Lübeck hat mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 03.01.2024 (Az.: 3 O 83/23) klargestellt, dass ein Bankkunde beim Online-Banking grob fahrlässig handelt, wenn er mehrere deutliche Warnhinweise, die auf einen Phishing-Angriff hinweisen, ignoriert. Die Warnhinweise waren u.a. ein anderes Aussehen der Bankhomepage und ein spätabendlicher Anruf einer „Bankmitarbeiterin“, die die Einrichtung eines Tagesgeldkontos vorschlägt. Gibt der Kunde trotz mehrerer Auffälligkeiten persönliche Daten an und Transaktionen frei, hat er keinen Schadensersatzanspruch gegen die Bank wegen Ausführung einer unautorisierten Überweisung.

mehr lesen

Sparkasse erteilt fehlerhafte Pflichtangabe

Das Landgericht Kleve hat mit Urteil vom 25.02.2020 festgestellt, dass die Sparkasse am Niederrhein ihren Kunden in einem Darlehensvertrag aus dem Jahr 2011 eine fehlerhafte Pflichtangabe erteilt hat. Konkret wurde den Kunden kein richtiger Tilgungsplan zur Verfügung gestellt.

So war auf Seite 2 des Darlehensvertrages unter Ziff. 2.7 ausgeführt, dass sich

 

„auf Basis der in diesem Vertrag vereinbarten Vertragsbedingungen […] eine voraussichtliche Darlehenslaufzeit von XXX Monaten bis zum 15.02.20XX ergibt.“

 

Wenige Absätze später hieß es:

             

„Ab Tilgungsbeginn ist eine jährliche Leistungsrate (Sollzinsen und Tilgung) von zurzeit XX.XXX,xx EUR zu zahlen. Sie ist in Teilbeträgen von XXX,xx EUR am 15. monatlich zu zahlen.“

 

Den Klägern wurde damit suggeriert, sie hätten XXX Monate lang Annuitäten in Höhe von XXX,xx EUR zu leisten.

 

Die Kanzlei Stenz & Rogoz überprüfte diese Angaben. Tatsächlich ergab sich eine Abweichung, sodass die Schlussrate deutlich höher war, als von der Sparkasse angegeben. 

 

In diesem Punkt folgt das Landgericht Kleve der Argumentation der Kanzlei Stenz & Rogoz. Es führte insofern aus:

 

„Zu den notwendigen Pflichtangaben gehört auch die klare und verständliche Angabe zu Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilleistungen (Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB a.F.). Diese Angaben müssen nicht nur gemacht, sondern auch zutreffend sein; ein etwaiger Widerspruch in einzelnen Vertragsbestandteilen führt jedenfalls dazu, dass die Informationen nicht klar und verständlich sind (BGH, Urtteil vom 18.10.2014 – II ZR 352/02 – Rz. 17 – zit. nach juris). Diesen Anforderungen wird der geschlossene Darlehensvertrag nicht gerecht.

 

Leider zog das Landgericht Kleve hieraus die falsche Schlussfolgerung: Es meinte, dass diese Pflichtverletzung für die Ausübung des Widerrufsrechts ohne Bedeutung ist. Mit anderen Worten: Den Banken werden gesetzliche Vorgaben gemacht, wie sie ihre Kunden aufzuklären haben. Die gesetzliche Sanktion ist, dass bei fehlender oder falscher Aufklärung die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. Nun meint das Landgericht Kleve, dass es im Einzelfall beurteilen kann, wann die fehlerhafte Aufklärung „nicht so schlimm“ ist. Dies wäre eine für den Verbraucher unzumutbare Situation. Entweder sind die Pflichtangaben richtig erteilt oder nicht. Das Risiko einer falschen Kundenaufklärung muss im Sinne des Verbraucherschutzes die Bank tragen.

 

Im Ergebnis wies das Landgericht Kleve daher die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

BGH: Unzulässige Kündigung eines Prämiensparvertrages

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14. Mai 2019 (Az.: XI ZR 345/18) 

entschieden, dass ein Kreditinstitut einen Prämiensparvertrag nicht vor Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen kann.

mehr lesen

Darf die Sparkasse Gebühren am Schalter verlangen?

Am 14. Mai 2019 verhandelt der Bundesgerichtshof, ob die Sparkassen für Bareinzahlungen und Barabhebungen am Kassenschalter Gebühren verlangen dürfen (Az.: XI ZR 768/17). Mit Spannung wird erwartet, ob die noch zur alten Rechtslage ergangene Rechtsprechung des XI. Zivilsenats, nach der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Ein- und Auszahlungen von Bargeld am Bankschalter ohne angemessene Freipostenregelung kein Entgelt verlangt werden durfte heute noch Geltung beansprucht. Denn grundsätzlich stellt nach dem Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts im Jahr 2009 die Durchführung von Ein- und Auszahlungen von Bargeld auf ein bzw. von einem Girokonto einen Zahlungsdienst dar, für den nach dem Gesetz (§ 675f Abs. 5 Satz 1 BGB) ein Entgelt als Gegenleistung vereinbart und verlangt werden könne.  

mehr lesen

BGH kippt Aufrechnungsverbot in Sparkassen-AGB

Der BGH hat mit Urteil vom 21.03.2018 (Az.: XI ZR 309/16) entschieden, dass Nummer 11 der Sparkassen-AGB, wonach der Kunde mit Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind, bei Bankgeschäften mit Verbrauchern unwirksam ist. 

mehr lesen