Ist Corona "höhere Gewalt"?


1. Corona und höhere Gewalt

 

Typische Fälle höherer Gewalt sind Kriegseinwirkung, Attentate, Tumultschäden und Naturkatastrophen. Corona fällt nicht unter die Aufzählung.

 

2. Corona und Unmöglichkeit

 

Praxisrelevanter dürfte sein, dass infolge der Corona-Krise zahlreiche Vertragspartner ihrer Leistungen aufgrund Lieferengpässen nicht mehr erbringen können. Hierbei handelt es sich juristisch um einen Fall der sog. Unmöglichkeit. § 275 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) normiert insofern:

 

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

 

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

 

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

 

(4)Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und § 326 BGB.

 

Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Kann Ihr Vertragspartner nicht mehr leisten, wird er nach § 275 BGB von der Leistungspflicht frei. Allerdings hat dies zur Konsequenz, dass er keinen Anspruch mehr auf die Gegenleistung hat (z.B. auf den Kaufpreis oder den Werklohn). Darüber hinaus macht er sich schadensersatzpflichtig.

 

 

Wichtig ist hierbei zu sehen, dass die Schadensersatzpflicht grundsätzlich nur eintritt, wenn der Vertragsschuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Das bedeutet: Schadensersatzpflichtig wird er grundsätzlich nur, wenn der Eintritt der Unmöglichkeit fahrlässig oder vorsätzlich erfolgte. Das dürfte nicht der Fall sein, wenn der Vertragsschuldner im Falle einer Lieferengpasses die erforderlichen Bemühungen unternommen hat, um die notwendigen Rohstoffe oder Dienstleistungen anderweitig zu beschaffen. Wichtig ist, dass sein Verschulden gesetzlich vermutet wird. Das bedeutet, der Vertragsschuldner muss beweisen, dass er den Eintritt der Unmöglichkeit nicht zu verschulden hat. Zweifel gehen zu seinen Lasten.


OLG Bamberg: AstraZeneca muss Daten offenlegen

Wie in unserem Blog vom 26.04.2023 berichtet, hatte das Landgericht Hof als eines der ersten Gerichte eine Klage gegen den Impfhersteller AstraZeneca abgewiesen. Eine Frau hatte starke gesundheitliche Beschwerden, die sie auf eine Impfung mit dem Corona­-Impfstoff Vaxzevria des britisch-schwedischen Herstellers zurückführt. Sie verlangt Schmerzensgeld und Schadenersatz. Mit Urteil vom 03.01.2023 (Aktenzeichen: 15 O 22/21) wurde die Klage abgewiesen. Beim Oberlandesgericht Bamberg wurde die Sache am 03.07.2023 (az.: 4 U 15/23) verhandelt. Am 08.04.2024 wurde ein Teil-Urteil erlassen, wonach AstraZeneca Daten zu Thrombosefällen offenlegen muss. Sobald das Teil-Urteil veröffentlicht wird, können Sie es an dieser Stelle nachlesen. 

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Corona-Soforthilfe: Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat mit Urteil vom 08.02.2024 die Klage eines bayerischen Unternehmers gegen die Rückforderung von Corona-Soforthilfe abgewiesen (Az.: 15 K 23.1634). Der Kläger hatte im Mai 2020 Corona-Soforthilfe in Höhe von 2 x 7.500,00 € erhalten. Da sich seine Geschäfte besser als erwartet entwickelt hatten, sollt er nun 14.815,95 € zurückzahlen.

 

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Corona-Soforthilfe: Neue Excel-Tabelle der Regierung von Mittelfranken

Die Regierung von Mittelfranken schreibt derzeit Soforthilfeempfänger an und setzt diesen Fristen zur Ausfüllung einer neuen Excel-Tabelle. Das Anschreiben lautet:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

zur Nachprüfung des tatsächlich entstandenen Liquiditätsengpasses im Zusammenhang mit Ihrem Antrag auf Corona-Soforthilfe bei der Regierung von Mittelfranken bitten wir Sie, die anhängende Berechnungshilfe auszufüllen. Beachten Sie dazu bitte die folgenden Hinweise:

 

Die Soforthilfe dient ausschließlich der Bewältigung der existenzbedrohlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten aufgrund eines akuten Liquiditätsengpasses infolge der Corona-Pandemie und nicht der Kompensation des reinen Umsatzausfalls oder entgangenen Gewinns oder der Deckung von Lebenshaltungskosten.

 

„Ein Liquiditätsengpass liegt vor, wenn infolge der Corona-Pandemie die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand zu zahlen.“

 

Personalkosten (einschließlich Sozial-, Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen) sind nicht förderfähig, unabhängig davon, ob Kurzarbeit angeordnet war und unabhängig davon, ob mit dem Personal Umsätze generiert werden. Ebenso können Unternehmerlohn und Privatentnahmen nicht berücksichtigt werden, da es sich hierbei nicht um erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand handelt.

 

Der Betrachtungszeitraum beträgt drei Monate. Er beginnt grundsätzlich mit dem ersten Tag des Kalendermonats, der auf das Datum der erstmaligen Antragstellung folgt. Wurde der Antrag beispielsweise am 19.04.2020 gestellt, so beginnt der dreimonatige Betrachtungszeitraum am 01.05.2020. Wahlweise kann der Betrachtungszeitraum auch mit dem Monat der erstmaligen Antragstellung oder unmittelbar am Tag nach der erstmaligen Antragstellung beginnen. Im oben genannten Beispiel würde der Betrachtungszeitraum demnach am 01.04.2020 bzw. am 20.04.2020 beginnen. In letzterem Fall ist eine datumsgenaue Abrechnung vorzunehmen.

 

Innerhalb des dreimonatigen Betrachtungszeitraums ist der entstandene Liquiditätsengpass kumuliert zu betrachten, d.h. Fehlbeträge und Überschüsse werden im betreffenden Zeitraum miteinander verrechnet. Eine Verkürzung des Betrachtungszeitraums auf weniger als drei Monate ist nicht zulässig.

 

Zu berücksichtigen sind sämtliche zahlungswirksamen Geldflüsse innerhalb des Betrachtungszeitraums. Es gilt das Zu-/Abflussprinzip. Die künstliche Verschiebung von Einnahmen aus diesem Zeitraum heraus oder von Ausgaben in diesen Zeitraum hinein (z.B. Sondertilgungen) ist nicht zulässig. Alle Beträge sind ohne Umsatzsteuer auszuweisen (Ausnahme: nicht Vorsteuerabzugsberechtigte dürfen Bruttobeträge ansetzen).

 

Ausgaben, welche anteilig privat als auch betrieblich anfallen, können in Höhe des betrieblichen Anteils angesetzt werden (z.B. darf bei einem Kfz, das betrieblich und privat genutzt wird, nur der betriebliche Anteil angesetzt werden; anteilige Mietkosten, die auf das gewerblich genutzte Arbeitszimmer entfallen, können berücksichtigt werden, sofern sie steuerlich anerkannt sind).

 

> Die Kanzlei Stenz & Rogoz teilt die Auffassung der Regierung von Mittelfranken nicht:

  • Die Staatsregierung hat erst im Nachhinein Personalkosten ausgeschlossen. Zum Zeitpunkt der meisten Antragstellungen waren Personalkosten in den Richtlinien und FAQs nicht ausdrücklich erwähnt.
  • Die kumulierte Betrachtung des 3-Monats-Zeitraums war und ist den einschlägigen Richtlinien nicht zu entnehmen. 
  • Auch das die Geltung des Zu-/Abflussprinzip war ist und war den Richtlinien nicht zu entnehmen. Sie verstößt im Übrigen gegen das den Gleicheitsgrundsatz.

> Die Kanzlei Stenz & Rogoz vertritt zahlreiche bayerische Unternehmer bei der Abwehr der Rückzahlung. Übersenden Sie uns einfach Ihren Rückforderungsbescheid. Wir geben Ihnen innerhalb von nur 24 Stunden eine kostenfreie Einschätzung zu den Erfolgsaussichten.

Wie wehre ich mich gegen einen Soforthilfe-Rückforderungsbescheid?

Die bayerischen Bezirksregierungen haben in der 3. Januarwoche 2024 begonnen, einzelne Rückforderungsbescheide zu erlassen. Darin wurde einerseits die Ausgangsbescheide widerrufen, andererseits die ausbezahlte Soforthilfe zurückgefordert. Die Begründung für den Widerruf lautet auszugsweise:

 

Rechtsgrundlage für den unter Ziffer 1 dieses Bescheides erfolgten Widerruf des Soforthilfebescheides ist Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige Leistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird.

 

Die Soforthilfe wurde gemäß den Ziffern 3 bzw. 4 des o.g. Bescheides zweckgebunden ausschließlich. zur Bewältigung existenzbedrohlicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten in Folge eines durch die Corona-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpasses gewährt. Die zweckentsprechende Verwendung der Soforthilfe setzt daher voraus, dass ein Liquiditätsengpass zumindest in Höhe der erhaltenen Soforthilfe tatsächlich entstanden ist. Nach den Angaben des Leistungsempfängers über die dafür vorgesehene Online-Datenmaske beträgt der den tatsächlich entstandenen Liquiditätsengpass übersteigende Soforthilfebetrag (sog. Überkompensation) X,XXX Euro. Die erhaltene Soforthilfe konnte demnach in dieser Höhe nicht für den im Soforthilfebescheid bestimmten Zweck verwendet werden. Damit liegen die Widerrufsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG vor.

 

Der Widerruf nach Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Im Zuge der Ermessensausübung sind die Interessen des Leistungsempfängers mit dem staatlichen Interesse am Widerruf des Soforthilfebescheides abzuwägen. Im Fall des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG finden die Grundsätze über das intendierte Ermessen Anwendung. Von einem Widerruf des Soforthilfebescheides kann deshalb nur dann abgesehen werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen. Solche besonderen Gründe sind im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Das Ermessen konnte daher unter Abwägung der haushaltsrechtlichen und finanziellen Interessen des Freistaates Bayern an einem Widerruf und des Interesses des Leistungsempfängers am Belassen der Soforthilfe nur zugunsten des Widerrufs des Soforthilfebescheides mit Wirkung für die Vergangenheit ausgeübt werden.

 

Die Rückforderung gem. Ziffer 2 dieses Bescheides ergibt sich aus Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG. Danach ist eine bereits erbrachte Leistung zu erstatten, soweit der zugrundeliegende Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen. wurde. Der Soforthilfebescheid wurde im Rahmen dieses Bescheides in Höhe der mitgeteilten Überkompensation mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen. Der Erstattungsbetrag wird somit auf X.XXX  Euro festgesetzt (Art. 49a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG). Eine Rückzahlung ist bislang in Höhe von 0,00 Euro erfolgt, so dass ein noch zurückzufordernder Betrag von X.XXX Euro verbleibt.

 

Es wird also deutlich, dass die Bezirksregierungen hier keine echte Ermessenentscheidung treffen, sondern mit einem Serienbrief die ausbezahlten Soforthilfen zurückfordern.

 

Bitte beachten Sie:

 

1. Gegen den Rückforderungsbescheid können Sie sich nur mit einer Klage zur Wehr setzen.

 

2. Diese muss innerhalb von einem Monat ab Zugang des Bescheides bei Ihnen beim zuständigen Verwaltungsgericht eingehen. Dies bedeutet: Hat Sie der Rückforderungsbescheid am 19.01.2024 erreicht, muss die Klage spätestens am 19.02.2024 eingereicht sein. Eine Verlängerung ist nicht möglich! Welches Verwaltungsgericht zuständig ist, findet sich auf der letzten Seite des Bescheides. 

 

3. Die Klage muss schriftlich (d.h. persönlich unterschrieben) bei Gericht eingehen. Eine Klageeinreichung per Fax ist aber auch zulässig.

 

4. Ein Klageverfahren löst Gerichtskosten aus. Bei Soforthilfe-Rückforderungen 

  • in Höhe von 3.000,00 € betragen die Gerichtsgebühren 357,00 €,
  • in Höhe von 5.000,00 € betragen die Gerichtsgebühren 483,00 €,
  • in Höhe von 9.000,00 € betragen die Gerichtsgebühren 735,00 €,
  • in Höhe von 15.000,00 € betragen die Gerichtsgebühren 972,00 €,
  • in Höhe von 30.000,00 € betragen die Gerichtsgebühren 1.347,00 €.

Übersenden Sie uns einfach Ihren Rückforderungsbescheid per E-Mail an mail@kanzlei-hersbruck.de oder per Fax an 09151/905835. Wir geben Ihnen innerhalb von 24 Stunden eine kostenfreie Einschätzung zu Kosten und Erfolgsaussichten eines Klageverfahrens.

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VG Hamburg: Corona-Soforthilfe muss nicht zurückgezahlt werden

Erfolg in Sachen Corona-Soforthilfe: Das Verwaltungsgericht Hamburg hat einen Bescheid aufgehoben, mit dem Corona-Soforthilfe in Höhe von 20.000,00 € zurückgefordert wurde (Aktenzeichen: 16 K 5209/21).  Sie Stadt Hamburg war der Ansicht, die Klägerin - eine GmbH, die einen Einzelhandel und einen Online-Shop betreibt -  erfülle die Fördervoraussetzungen nicht. Aus den vorgelegten BWAs lasse sich kein Liquiditätsengpass für den förderfähigen Zeitraum April bis Juni 2020 entnehmen. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat sich den Argumenten der Klägerin angeschlossen und wichtige Ausführungen dazu gemacht, was der Förderzweck der Corona-Soforthilfemaßnahmen war. Dabei hat es darauf hingewiesen, dass Unklarheiten bei der Definition des Förderzwecks zu Lasten der Behörde gehen.

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